Donnerstag, 28. März 2019

Zigarren, Frauen und etwas Theater

Nach „Die Manns“ und „Speer und Er“ liefert Heinrich Breloer mit „Brecht“ ein weiteres Dokudrama ab. Eine Collage aus Fotos, historischen Filmaufnahmen, Tondokumenten und Spielszenen. Den frühen Brecht spielt Tom Schilling, den mittleren bis zu Brechts Tod Burghart Klaußner. Beide überzeugen durch ihre Schauspielleistung.

Beide Teile in ganzer Länge: Hier geht´s zur ARD Mediathek


Beeindruckende Zeitzeugen


In den 1970er Jahren gedreht, jetzt in das Dokudrama eingebaut kommen Weggefährten, Mitarbeiter, Freunde und Geliebte Brechts zu Wort. Sie schildern eindrucksvoll ihre persönlichen Erfahrungen mit Brecht. Besonders aufschlussreich sind die Interviews mit Brechts Schülern und ehemaligen Regieassistenten.



Quelle Video(5 Min.) YouTubeDoku-Drama über Bertolt Brecht | Kulturjournal | NDR


Dokudrama in 2 Teilen – Teil 3 fehlt!

Teil 1: Brechts Jugend während des Ersten Weltkriegs bis zu seiner Flucht 1933 . Teil 2: Rückkehr aus dem Exil bis zu Brechts Tod in der DDR. Der Teil dazwischen, die Jahre des Exils, fehlen. Ein großes Manko!

#MeToo – Brecht und die Frauen

Den 1. Teil dominieren Brechts Liebesbeziehungen. Daneben gibt es etwas Theater. Auch im 2. Teil stehen Brechts Liebschaften im Fokus, aber auch sein politisches Denken und Handeln sowie sein Theaterschaffen finden nun endlich mehr Raum.

Wer wissen will, mit welchen Frauen (und es gab viele davon - nebeneinander, nacheinander und durcheinander) Brecht Beziehungen unterhielt, kommt voll und ganz auf seine Kosten.

Da gab es Schauspielerinnen, Mütter der zahlreichen Brechtschen Kinder und Ehefrauen, die ihm nützlich waren. Brauchte er sie nicht mehr, dann schob er sie scham- und gnadenlos beiseite.

Zigarrenrauchend, brüllend, jungen Schauspielrinnen nachstellend – so erlebt der Zuschauer den alten Brecht. Die MeToo-Bewegung hätte dieser „alte weiße Mann“ niemals überstanden.

Ausgezeichnet mit dem Stalinpreis

In den USA will man ihn nicht haben, in der amerikanischen Besatzungszone auch nicht. Deshalb geht Brecht nach Ost-Berlin und arrangiert sich mit dem SED-Regime. Auch nach dem Volksaufstand vom 17. Juni 1953 bleibt er dem Regime treu ergeben. Er bekommt als Gegenleistung sein eigenes Theater.

Die Zerrissenheit Brechts zwischen seiner Überzeugung, im besseren Deutschland zu leben und durch sein Theater am Aufbau des Sozialismus mitzuwirken, und seine täglichen Erfahrungen mit Zensur, Diktatur und plumper Unterdrückung werden thematisiert. Der Zuschauer sieht aber immer wieder einen Brecht, der sich für seine Privilegien entscheidet und sich in der Diktatur behaglich einrichtet. Kurz vor seinem Tod nimmt er den Stalinpreis an.

Fazit

Schauspielerisch und handwerklich ein hervorragend umgesetztes Dokudrama. Inhaltlich jedoch mit deutlichen Schwächen.

Welches Brecht-Bild vermitteln die 3 Stunden Film? Mutter Courage, Dreigroschenoper etc. und das epische Theater sind große Leistungen des großen Künstlers Brecht. Der Mensch Brecht dagegen ist eher klein und abstoßend.