Nach dem Tod ihrer Großtante Katharina ordnet die 24-jährige Karina in einem kleinen Dorf im Münsterland deren Nachlass. Auf dem Dachboden macht sie einen interessanten Fund: Sie entdeckt einen Stapel Postkarten, die ihre Großtante mit Tagebucheinträgen versehen hat.
Die Großtante, die 1933 als Köchin bei einem jüdischen Buchhändler arbeitete, schildert die Zeit vor und nach der Machtübernahme durch die Nazis aus ihrer zeitgenössischen Perspektive. Karina will mehr wissen und betreibt, unterstützt vom jungen evangelischen Gemeindepfarrer Martin Kleine, eigene Recherchen, die bald große Unruhe in der Gemeinde auslösen. Die alten Nazis sind immer noch da, und Karina gerät unter Druck.


Alternierend zu Karinas Geschichte wird die von Samuel Weizmann und Bruno Schulze–Möllering erzählt: Samuel ist der Sohn des jüdischen Buchhändlers Jakob Weizmann und mit dem Arztsohn Bruno Schulze–Möllering befreundet. Nach 1933 tritt Bruno in die NSDAP ein und mutiert zum radikalen Antisemiten. Leider bleiben die Beweggründe für diesen plötzlichen Wechsel Brunos von Freundschaft zu Hass weitgehend im Dunkeln, die angebotenen Motive (Opportunismus, „mieser Charakter“ und neue Freunde) reichen als schlüssige Erklärung nicht aus.
Die Hauptperson Karina wirkt für eine Akademikerin sehr naiv. Sie weiß sehr wenig über die Zeit des Nationalsozialismus und ihre Erkenntnisse würden eher zu einer 14- als einer 24-jährigen Akademikerin passen. Zu offensichtlich ist die didaktische Grundausrichtung der Hauptfigur: Sie soll wohl stellvertretend für den Leser einen Grundkurs „Geschichte des Nationalsozialismus“ durchlaufen.
Die beiden Haupthandlungsstränge hätten für eine spannende Geschichte durchaus genügt. Die Liebesgeschichte zwischen Karina und dem evangelischen Pfarrer wirkt zu konstruiert und bleibt an der Oberfläche.
Als störend empfand ich auch die plattdeutschen Dialoge. Zwar sind diese kurz gehalten, aber sie hindern dennoch den Lesefluss enorm.
„Brandbücher“ ist ein historischer Roman, dem man den selbstgesetzten erzieherischen und aufklärerischen Auftrag allzu sehr anmerkt. Das wird auch deutlich am Nachwort der Autorin erkennbar, in welchem sie ihre Homepage zur Bücherverbrennung sowie die benutzten Quellen thematisiert. „Brandbücher“ ist sicherlich ein engagierter Roman zu einem wichtigen Thema. Aber leider zeigt der Sprachstil, dass die Autorin bisher eher im Bereich der Kinder- und Jugendbücher gearbeitet hat.
Birgit Ebbert
Brandbücher
281 Seiten
Meßkirch 2013
ISBN 3839214483
11,99 EURO (als Kindele eBook 9,99 EURO)