Samstag, 9. Februar 2013

Der Spion und die Psychoanalyse: "Eine große Zeit" von William Boyd

"Eine große Zeit" beginnt 1913: Lysander Rief, ein junger englischer Schauspieler, kommt ins kaiserliche Wien, um sein "Orgasmusproblem"  von einem Psychoanalkytiker, der seine Praxis unweit von der Sigmund Freuds betreibt, behandeln zu lassen.



Geheilt wird er von einer Engländerin namens Hettie Bull, an die ihn eine wilde Leidenschaft bindet. Hettie ist mit einem Maler liiert, der Lysander wegen Vergewaltigung anzeigt als die Schwangerschaft Hetties offenbar wird. Die britische Botschaft stellt eine Kaution, Lysander gelingt die Flucht über Triest zurück nach London. Nun hat er immense Schulden bei der britischen Regierung, welche diese 1914 einfordert.

Als der Weltkrieg ausbricht, nötigt der britische Geheimdienst Lysander, seine Deutschkenntnisse, seine schauspielerischen Fähigkeiten und seine auf der abenteuerlichen Flucht erwiesenen Fähigkeiten der Tarnung in den Dienst Englands zu stellen. Sein Auftrag lautet: einen Verräter in den eigenen Reihen enttarnen.

Besonders Wien, die Stadt, in der die Neurosen blühen, und das dem Untergang entgegentaumelnde Habsburgerreich werden vom Autor in klaren Bildern vorgestellt. Der erste Teil des Romans, die stürmische Beziehung mit Hettie, ist für sich alleine schon eine lesenswerte Geschichte. Im zweiten Teil, mit der Spionagegeschichte, nimmt der Roman dann weiter Fahrt auf.

Zeitgeschichte und eine spannende Handlung finden in „Eine große Zeit“ gut zueinander. Die Sprache ist klar und gut beschreibend, die Handlungsstränge sind übersichtlich konstruiert. Besonders gut gefallen haben mir die Tagebuchaufzeichnungen Lysanders, die ihm sein Psychoanalytiker aufträgt. So kann lernt man als Leser das Innenleben des Protagonisten kennen.

Alles in allem: ein empfehlenswertes Lesevergnügen.

Boyd, William 
Eine große Zeit
Berlin Verlag 2012
445 Seiten
ISBN-10: 3827010667
ISBN-13: 978-3827010667
22,90 Euro

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