Freitag, 22. Februar 2013

Indies - professionalisiert euch!

Es gibt viele Gründe dafür, Indie-Autor zu werden. Einer ist sicherlich, dass Verlage zu langsam sind. Dies ist nicht mehr zeitgemäß und führt zu einer Revolution in der Art des Publizierens. Wenn ein Autor und sein Lektor weniger Zeit für Lektorat und Veröffentlichung benötigen als der Verlag für die Beantwortung der Manuskripteinsendung, dann ist dies schon ein schwerwiegender Grund dafür Indie zu werden. Besonders wenn der Roman ein aktuelles Thema behandelt.

Noch nie war es so einfach wie heute, seine Leser selbst zu finden. Allerdings gibt es zwei Probleme: Nicht lektorierte eBooks und ein aufkommender Trend zu Gratisaktionen. Viele Indie Autoren scheuen die Kosten für ein professionelles Lektorat. Dies ist schade, denn jedes fehlergespickte Werk eines Einzelnen wirft einen Schatten auf alle Indies. Ich glaube, dass sich jeder, der wirklich an sein Werk glaubt, um ein professionelles Lektorat bemühen sollte.

Ein weiteres Problem sind die zeitlich begrenzten Gratisaktionen, die sich unter Indies beginnen breit zu machen. Dabei sollte doch jedem klar sein: Was nichts kostet ist auch nichts wert. Auch hier sollte sich jeder Indie überlegen, ob er sich und den anderen Künstlern einen Gefallen tut. Erreichen wir erst einmal den Punkt, an dem unsere Leser glauben, dass digitale Bücher kostenlos sein sollten, haben wir etwas grundlegend falsch gemacht.

Wir stehen noch ganz am Beginn dieser Revolution. Einzelne Indies haben bereits verstanden, dass Kollaboration der Schlüssel zum Erfolg ist. Sie lektorieren ihre Bücher gegenseitig, sprechen Hörproben für das Werk des anderen auf YouTube ein und setzen Leseempfehlungen für andere Indies an das Ende ihres Buches. Sie zeigen: Das „Independent“ im Namen Indie-Autor muss neu gedacht werden.

Zum Verfasser:

Paul Sandmann ist Indie-Autor. Sein Erstlingswerk „Tristan“, an dem er sechs Jahre lang gearbeitet hat, ist kürzlich erschienen. Schreibe Paul Sandmann auf Twitter unter http://twitter.com/PaulSandmann

Gastbeitrag von Paul Sandmann, 21.2.2013

Weitere Beiträge von Paul Sandmann auf Bücher und eBooks: Die YouTube-isierung des Büchermarkts
Tristan - Rezension, YouTube-Leseprobe und Interview mit Paul Sandmann auf Bücher und eBooks:  Tristan – Schein und Sein in LondonPreview Tristan von Paul Sandmann und Tristan - ein Interview mit dem Autor Paul Sandmann

Donnerstag, 21. Februar 2013

Werden demnächst eBooks von Amazon teurer?

Die Europäische Kommission verklagt Frankreich und Luxemburg wegen Anwendung eines ermäßigten Mehrwertsteuersatzes auf eBooks.
Der für Steuern zuständige EU-Kommissar Šemeta erklärte hierzu: „Es steht außer Frage, dass die steuerliche Behandlung traditioneller und digitaler Bücher geklärt werden muss. Genau damit ist die Kommission derzeit im Rahmen einer umfassenden Überprüfung der ermäßigten MwSt-Sätze beschäftigt. Zwischenzeitlich müssen sich die Mitgliedstaaten an die Prinzipien des Fair Play halten. Die Missachtung der MwSt-Vorschriften für digitale Bücher schadet dem Binnenmarkt und widerspricht dem Grundsatz des fairen Steuerwettbewerbs."
In Deutschland liegt der Mehrwertsteuersatz für eBooks bei 19%, in Luxemburg bei 3%.  Davon profitiert in erster Linie Amazon, da der Konzern seine eBooks über Luxemburg vertreibt.

Weiterführende Informationen und Quellen: Pressemitteilung EU-Kommission  und SPIEGEL Online "E-Books: Amazon und Apple setzen auf Luxemburg-Trick"

Freitag, 15. Februar 2013

Wenn die Täter über die Wiedergutmachungsanträge ihrer Opfer entscheiden …

… dann passiert genau das, was Ursula Krechel in ihrem Roman "Landgericht“ beschreibt. Im Jahr 2012 erhielt die 64-jährige Autorin für diese ergreifende Schilderung der Emigration und Remigration den deutschen Buchpreis.

In der Jury-Begründung heißt es: „Ursula Krechel erzählt in ihrem Roman Landgericht die Lebensverwicklung des aus dem Exil zurückkehrenden Richters Richard Kornitzer. Er ist vom Glauben an Recht und Rechtsstaatlichkeit durchdrungen und zerbricht, als er in der Enge Nachkriegsdeutschlands den Kampf um die Wiederherstellung seiner Würde verliert. Die Sprache des Romans oszilliert zwischen Erzählung, Dokumentation, Essay und Analyse. Bald poetisch, bald lakonisch, zeichnet Krechel präzise ihr Bild der frühen Bundesrepublik – von der Architektur über die Lebensformen bis hinein in die Widersprüche der Familienpsychologie. Landgericht ist ein bewegender, politisch akuter, in seiner Anmutung bewundernswert kühler und moderner Roman.“  Eine sehr zutreffende Beschreibung, der ich nach der Lektüre nur zustimmen kann.
Im Mittelpunkt von „Landgericht“ steht Richard Kornitzer, der bis 1933 als Jurist beim Landgericht in Berlin tätig ist. Seine Frau Claire leitet eine Firma für Kinowerbung. Das perfide Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums beendet abrupt seine Kariere und zerstört seine Existenz. Von nun an arbeitet er als Prüfer in einer Glühbirnenfabrik. Claire weigert sich, sich von ihrem Mann, der den Nazis als „Volljude“ gilt,  scheiden zu lassen und verliert ihre Firma. Eindrucksvoll wird geschildert, wie Juden Schritt für Schritt ausgegrenzt werden. Auf den Entzug der wirtschaftlichen Existenz folgt das Verbot, Schwimmbäder zu besuchen, dann verbieten die Nürnberger Gesetze die Ehe zwischen Juden und Nicht-Juden.



Die Geschichte der Familie vor ihrer Trennung unter dem nationalsozialistischen Terror wird immer wieder in Rückblenden erzählt, ebenso wie die Geschichte des kubanischen Exils. Der Roman beginnt indes mit Richards Rückkehr aus dem Exil im Jahr 1947. Die beiden Kinder, Selma und George, sind seit 1939 in Großbritannien und stehen kurz vor der Adoption durch die englische Pflegefamilie. Sie sprechen kaum noch deutsch. Intensiv schildert Ursula Krechel das Scheitern des Zusammenfindens der langjährig getrennten Familie. „Alle werden gerettet, aber gleichzeitig werden sie als Gestörte gerettet.“, sagt die Autorin dazu in einem Interview. Die Familie findet nie wieder zusammen.

Ein gebrochener Mann kommt zurück in ein ihm völlig fremdes Land, in welchem sich auch noch die schlimmsten Täter zu Opfern stilisieren. Zunächst muss er einen Behördenmarathon bewältigen, um seine Staatsbürgerschaft wieder zu erhalten. Richard Kornitzer wird schließlich als Landgerichtsrat an das Landgericht in Mainz berufen. Umgeben von alten Nazis muss er miterleben, wie die Opfer des Nazismus in der frühen Bundesrepublik eine Demütigung nach der anderen erfahren, wenn sie Wiedergutmachung und Gerechtigkeit einfordern. Die Ämter, besetzt von Aktivisten und Mitläufern des Naziregimes, üben sich in bürokratischen Verzögerungstaktiken. Das muss auch Richard Kornitzer erleben, als er sein dem „Reich verfallenes Vermögen“ zurückfordert und um eine angemessene Beförderung kämpft. Fast 100 Seiten widmet die Autorin diesem Kampf gegen Windmühlen, vollgepackt mit amtlichen Dokumenten.
Richard Kornitzer wird physisch krank, aber stets bleibt er äußerlich ruhig. Ursula Krechel erklärt dies im Interview folgendermaßen: „Es ist quasi eine Implosion des Helden. Was die Gerichte betrifft, seine Wiedergutmachungsklagen, läuft er öffentlich gegen Wände. Er schlägt sich die Stirn blutig. Aber was mit der Psyche passiert, ist eigentlich eine Art Verkapselung, Verinnerlichung, so dass er in einer Stille und Abgeschottetheit endet. Ich glaube, das ist nicht untypisch für das, was man heute "Überlebenden-Syndrom" nennt, also die Schuld des Überlebenden, die jemand Einzelnes fühlt. Dieses Trauma, diese Krankheit ist ja überhaupt erst Anfang der 1960er Jahre entdeckt worden. Die Leute waren äußerlich nach der Remigration einigermaßen integriert. Aber was in ihrem Innern vorging, das konnte man sich gar nicht vorstellen.“ 
Und wie sieht es mit der historischen Recherche und Realität aus? 
„Es schien mir unangemessen, über ein solches Thema zu fabulieren oder zu spekulieren. Ich erinnerte mich durch meine Arbeit über China-Emigranten in Shanghai daran, dass es notwendig war, von Realien auszugehen. Zum Fabulieren gibt es ganz andere Stoffe. In diesem Fall waren mir die Authentizität, die Genauigkeit sehr wichtig. Das Empfinden von Fremdheit und Ausgesetztheit, das dieser Mann erlebt, muss ich natürlich ausmalen und ihm eine Stimme geben“, sagt die Autorin zur Authentizität des Romans.
„Landgericht“ ist ein anrührendes, ein erschütterndes Buch. Es erfüllt einem mit Wut, wenn man zusieht, wie alte Nazis ihre Opfer ein zweites Mal demütigen. Es macht einem traurig, wenn man das Scheitern einer ganzen Familie miterleben muss. Es treibt einem die Schamesröte ins Gesicht, wenn man bedenkt, dass man im Land der Täter und Gleichgültigen lebt.

Manchmal ist „Landgericht“ aufgrund der zahlreichen Zitate aus Protokollen und anderen Dokumenten etwas schwer zu lesen. Und auch etwas zu ausufernd, wenn nicht nur deutsche Geschichte, sondern auch kubanische Geschichte gleich  mit erzählt wird. Die Beschränkung auf das Schicksal der Familie Kornitzer hätte dem Roman sicherlich gut getan.

Zusammenfassend ist es eine, trotz der genannten Einschränkungen, lesenswerte Abrechnung mit der Nachkriegszeit, die zwar etwas spät erfolgt, aber keineswegs überflüssig ist.

Krechel, Ursula
Landgericht
492 Seiten
Jung und Jung Oktober 2012
ISBN-10: 3990270249
ISBN-13: 978-3990270240
29,90 EURO


Montag, 11. Februar 2013

2012: 12,3 Millionen eBooks in Deutschland verkauft!

media control hat einen knapp 100 Seiten umfassenden eBook-Jahresreport vorgelegt. Danach wurden im Jahr 2012  rund 12,3 Millionen eBooks kostenpflichtig heruntergeladen. D.h. der Absatz von eBooks stieg gegenüber den 4,9 Millionen eBook-Käufen im Jahr 2011 deutlich.  



Zugleich verdoppelte sich der Umsatzanteil der eBooks im gesamten Buchmarkt und lag 2012 bei 2%. Besonders im Weihnachtsgeschäft spielten eBooks eine große Rolle. 5,8 der 12,3 Millionen eBook-Verkäufe wurden alleine im 4. Quartal erzielt.

Quelle: media control Pressemitteilung und Bildarchiv

Sonntag, 10. Februar 2013

Shorty to go – Mord in zwei Sätzen

Mehr als zwei Sätze braucht die Hamburger Autorin nicht, um eine Geschichte zu erzählen. Geschichten, in denen Leben und Tod so nah beieinander liegen, dass für ihre Protagonisten der Titel "Shorty to go" durchaus wörtlich zu nehmen ist. Forscher und Familienmenschen trifft es dabei genau wie Heimwerker und Gärtner, Künstler und Köche, Sportler und Sinnsucher.

"Sie meditierte, um das Nichts zu finden. Er zeigte ihr die Abkürzung."



Im Internet ist Susanne Henkes tägliche Dosis Krimi inzwischen eine feste Institution. Eine Auswahl dieser Mordshäppchen von der beschleunigten Suche nach dem Sinn des Lebens und anderen Abkürzungen zum Ableben liegt jetzt auch als Buch vor. Ein idealer Begleiter für Krimifans mit begrenztem Zeitbudget.

(Quelle: Pressemitteilung Susanne Henke per eMail vom 9.2.13)

Auf der Seite storysite.de. gibt es ausführliche Informationen zur Autorin sowie eine Leseprobe Den Kurzkrimi "Der Fotograf" habe ich gelesen. 5 Minuten Krimilektüre, die mir gut gefallen hat. 

Susanne Henke 
Shorty to go – Mord in zwei Sätzen
BoD, August 2012
ISBN 978-3-8482-1706-9
Paperback 64 Seiten, 4,90 EUR


Samstag, 9. Februar 2013

Der Spion und die Psychoanalyse: "Eine große Zeit" von William Boyd

"Eine große Zeit" beginnt 1913: Lysander Rief, ein junger englischer Schauspieler, kommt ins kaiserliche Wien, um sein "Orgasmusproblem"  von einem Psychoanalkytiker, der seine Praxis unweit von der Sigmund Freuds betreibt, behandeln zu lassen.



Geheilt wird er von einer Engländerin namens Hettie Bull, an die ihn eine wilde Leidenschaft bindet. Hettie ist mit einem Maler liiert, der Lysander wegen Vergewaltigung anzeigt als die Schwangerschaft Hetties offenbar wird. Die britische Botschaft stellt eine Kaution, Lysander gelingt die Flucht über Triest zurück nach London. Nun hat er immense Schulden bei der britischen Regierung, welche diese 1914 einfordert.

Als der Weltkrieg ausbricht, nötigt der britische Geheimdienst Lysander, seine Deutschkenntnisse, seine schauspielerischen Fähigkeiten und seine auf der abenteuerlichen Flucht erwiesenen Fähigkeiten der Tarnung in den Dienst Englands zu stellen. Sein Auftrag lautet: einen Verräter in den eigenen Reihen enttarnen.

Besonders Wien, die Stadt, in der die Neurosen blühen, und das dem Untergang entgegentaumelnde Habsburgerreich werden vom Autor in klaren Bildern vorgestellt. Der erste Teil des Romans, die stürmische Beziehung mit Hettie, ist für sich alleine schon eine lesenswerte Geschichte. Im zweiten Teil, mit der Spionagegeschichte, nimmt der Roman dann weiter Fahrt auf.

Zeitgeschichte und eine spannende Handlung finden in „Eine große Zeit“ gut zueinander. Die Sprache ist klar und gut beschreibend, die Handlungsstränge sind übersichtlich konstruiert. Besonders gut gefallen haben mir die Tagebuchaufzeichnungen Lysanders, die ihm sein Psychoanalytiker aufträgt. So kann lernt man als Leser das Innenleben des Protagonisten kennen.

Alles in allem: ein empfehlenswertes Lesevergnügen.

Boyd, William 
Eine große Zeit
Berlin Verlag 2012
445 Seiten
ISBN-10: 3827010667
ISBN-13: 978-3827010667
22,90 Euro

Mittwoch, 6. Februar 2013

"Amazon kontrolliert rund 20% des Buchmarktes" ...

... meldet buchreport.de. Weiter heißt es in diesem Beitrag, dass der deutsche Amazon-Shop im vergangenen Jahr rund 6,5 Mrd Euro erwirtschaftet habe.

Wie groß der Umsatz von Amazon mit Büchern in Deutschland sei, könne indes nur geschätzt werden. "Konservativ geschätzt", meint buchreport, habe dieser in Deutschland bei "1,6 bis 1,8 Mrd. Euro oder 18 bis 20% des gesamten Buchmarktes" gelegen.

Quelle: buchreport.de




Sonntag, 3. Februar 2013

Georg Trakl: geboren am 3. Februar 1887

De profundis von Georg Trakl

Es ist ein Stoppelfeld, in das ein schwarzer Regen fällt.
Es ist ein brauner Baum, der einsam dasteht.
Es ist ein Zischelwind, der leere Hütten umkreist –
Wie traurig dieser Abend.

Am Weiler vorbei
Sammelt die sanfte Waise noch spärliche Ähren ein.
Ihre Augen weiden rund und goldig in der Dämmerung
Und ihr Schoß harrt des himmlischen Bräutigams.

Bei ihrer Heimkehr
Fanden die Hirten den süßen Leib
Verwest im Dornenbusch.

Ein Schatten bin ich ferne finsteren Dörfern.
Gottes Schweigen
Trank ich aus dem Brunnen des Hains.

Auf meine Stirne tritt kaltes Metall.
Spinnen suchen mein Herz.
Es ist ein Licht, das meinen Mund erlöscht.

Nachts fand ich mich auf einer Heide,
Starrend von Unrat und Staub der Sterne.
Im Haselgebüsch
Klangen wieder kristallne Engel.

Am 3. Februar 1887 wurde Georg Trakl in Salzburg geboren. Er war neben Gottfried Benn und Georg Heym einer der bedeutendsten expressionistischen Lyriker des beginnenden 20. Jahrhunderts.

Quelle De profundis: Projekt Gutenberg

Freitag, 1. Februar 2013

Wenn das Schicksal zuschlägt … und zwar mit der Faust ins Gesicht!

Daniel, der Antiheld in Vera Nentwichs Roman „Rausgekickt: Weiße Sterne: Das Schicksal will auch mal Spaß haben“, führt ein Leben ohne Höhen und Tiefen. Er hat einen langweiligen Job in einem Callcenter als technischer Supporter und verbringt seine Abende auf dem Sofa vor dem Fernseher. Als leidenschaftlicher Trekkie würde er bis ans Ende seiner Tage von geliehenen Abenteuern im Star-Trek-Universum leben, wenn da nicht die gelangweilten Schicksalsboten wären, die auf der Suche nach einem Kick sind …




Daniel geht es wie Hiob: Immer, wenn er denkt, schlimmer kann es nicht kommen, dann gibt es noch eine Zugabe. Dabei stellt er sich an wie einst Simplizius Simplizissimus, etwas naiv, ja sogar etwas trottelig. Er  deutet auch das Geschehen in einer ganz eigenen skurrilen Art und Weise.

Die Handlung drängt sich rasant auf wenigen Seiten zusammen: „Binnen 24 Stunden ist er bewusstlos getreten worden, ist seine Wohnung abgebrannt, wurde er von der Polizei abgeholt und war in einen schweren Unfall verwickelt, den er merkwürdigerweise ohne eine Schramme überlebt hat.“ (S.25) Anschließend verbringt er ein paar Tage mit Rockern, wird von einer gut aussehenden Frau buchstäblich von der Straße aufgelesen und in deren Villa mitgenommen, um schließlich mit schweren Verletzungen im Krankenhaus zu landen.

Die 93 Seiten sind gut geschrieben und (anders als der etwas umständliche Titel erwarten lässt) flüssig lesbar. Die surreale Handlung ist derart kreativ gestaltet, dass der Leser immer wieder erstaunt innehält angesichts der grandiosen Phantasie der Autorin.

Das Schicksal bleibt in diesem kurzen Roman nicht abstrakt, denn Vera Nentwich geht in die Vollen, indem sie die Schicksalsboten höchstpersönlich erscheinen lässt. Dabei geht es darum, dass ihre „Spielfigur“ durch das, was ihm zustößt, etwas lernen soll. Als Daniel hört, wie sie (er nennt sie Böse Engel) über seinen Lebensplan und sein Dasein als Loser sprechen, beginnt er, gegenzusteuern und sein Leben grundlegend zu ändern. Aber keine Sorge, es wird nicht moralisierend. Denn die Schicksalsboten sind gelangweilte Wesen, die sich in menschlicher Gestalt in Bars und U-Bahnen treffen und beratschlagen, was sie als nächstes mit Daniel anstellen wollen. Seit Jahrhunderten machen sie ihren Job. Es gibt Schicksalsboten, die auf dem Golfplatz arbeiten und ausschließlich dafür zuständig sind, dass ein Ball ins Loch geht ... oder eben nicht. Auch werden sie von einer höheren Instanz überwacht und dürfen nicht zu offensichtlich in Daniels Lebensplan eingreifen, dann das würde „zu einem Alarm in der Zentrale führen“.

Vera Nentwich, Jahrgang 1959, ist als geschäftsführende Gesellschafterin einer von ihr selbst gegründeten IT-Beratungsfirma tätig. Sie selbst sagt: „Die IT hat mich schon immer fasziniert - ist so schön logisch …“ In der Computertechnologie gibt es keine große Kreativität, keine Möglichkeiten, dort herrschen absolute mathematische Regeln. Umso besser für die Leser, dass Vera Nentwich ihr kreatives Potenzial für diesen Roman genutzt hat.

Meine Empfehlung: Unbedingt lesen!

Ich bedanke mich bei der Autorin für die Überlassung eines Rezensionsexemplars.

Mehr zu Vera Nentwich: hier klicken

Nentwich, Vera
Rausgekickt: Weiße Sterne: Das Schicksal will auch mal Spaß haben.
Kindle Edition eobooks Self-Publishing 2012
ca. 90 Seiten
EURO 2,99

Am 7.1.13 wurde bereits die Pressemitteilung zum Titel "Rausgekickt" auf Bücher und eBooks veröffentlicht: hier klicken