Bücher und eBooks: Paul, Du schreibst schon seit langem. Aber Tristan ist Dein erster Roman und auch Deine erste Veröffentlichung?
Paul Sandmann: Ja, obwohl ich schon als kleines Kind mit dem Geschichtenschreiben angefangen habe, ist „Tristan“ mein erster Roman.
Bücher und eBooks: Wie kamst Du gerade zu diesem Thema: London und Bankenkrise? Hast Du persönliche Beziehungen zu dieser Welt?
Paul Sandmann: Die aktuelle Finanz- und Schuldenkrise ist eine beispiellose Tragödie. Die Elite unserer Gesellschaft, die eigentlich genug zu tun hätte, ihre und unsere Kinder auf die Folgen des Klimawandels vorzubereiten, schafft aus Gier in kurzer Zeit eine andere Krise von epochalen Auswirkungen. Wegen dieser Gier – diesem Kurzfristdenken - haben wir plötzlich alle Hände voll zu tun, diese vermeidbare Krise zu bekämpfen und verlieren die heraufziehende, langfristige Bedrohung völlig aus den Augen.
Plötzlich fallen Banken, Länder kommen zu ihrer Rettung. Dann fallen Länder und Staatengemeinschaften kommen zu ihrer Rettung. Wenn in Spanien 53% und in Griechenland 55% der unter 24 Jährigen heute arbeitslos sind wegen der Gier weniger, dann habe ich als Europäer eine ganz direkte Beziehung zu dieser Tragödie. Und dann ist es meine Aufgabe als Autor, Bewusstsein für die Ursachen der Krise zu schaffen.
Bücher und eBooks: Warum hast Du sechs Jahre an diesem Buch geschrieben?
Paul Sandmann: Das Thema Narzissmus beschäftigt mich schon seit sechs Jahren. Der Selbstdarstellungstrieb auf Facebook und Twitter - das sind die harmlosen Symptome. Die Finanzkrise war schließlich der große Knall, der Zeitpunkt, an dem die Auswirkungen des überbordenden westlichen Individualismus deutlich zu Tage getreten sind.
Bücher und eBooks: Hat Deine ganz persönliche Wut über die Maßlosigkeit und die Skrupellosigkeit der Banker am Roman mitgeschrieben?
Paul Sandmann: Banker gab es schon immer. Sie sind sogar wichtig für unser System. Wir müssen uns aber fragen, was sich seit den Zeiten des ehrwürdigen Bankiers geändert hat. Auch früher gab es eine Machtkonzentration in den Händen weniger. Natürlich gab es auch damals skrupellose Bankiers. In der Breite war damals das Wertesystem aber noch ein anderes. Ein Mensch liebte zu dieser Zeit seine Familie, sein Land o.ä. Welche Ideale hat die Mehrheit der Menschen an diesen Schalthebeln heute? Haben sie Familie? Wie viel ist die Gesellschaft - ihre Nation - ihnen heute wert? Ich sage, dass heute leider zwei Faktoren maßgeblich geworden sind: Narzissmus und Materialismus. Man liebt heute nichts mehr - außer sich selbst. Der eigene Erfolg heiligt die Mittel.
Tristan - Paul Sandmann (gelesen von Leunam Remeark)
(Quelle: YouTube)
Bücher und eBooks: Keine einzige Person, mit der Ausnahme von Isabella, ist sympathisch dargestellt. Hast Du ein so desillusioniertes Menschenbild? Ist das wirklich der gesamte Zeitgeist oder der einer kleinen Clique der Macht?
Paul Sandmann: Und was ist mit Jeff und Emily? Auch Tom tust Du jetzt aber wirklich Unrecht! Gerade er sträubt sich doch, sucht nach anderen Wegen. Er ist auch der einzige von Tristans Freunden, der sich wirklich verliebt...Bücher und eBooks: Bei all den globalen Problemen, die Du in Deinem Roman ansprichst, hast Du noch Hoffnung auf eine Wende?
Paul Sandmann: Ich habe Hoffnung, sonst hätte ich dieses Buch nicht geschrieben. Je mehr Menschen „Tristan“ lesen, desto mehr Fragen werden in Gang kommen. Nach Obama sollte uns allen klar sein: Wandel kommt nicht durch eine einzelne Person - wir sind der Wandel. Nicht umsonst geht die Widmung meines Buches an meine Leser!
Bücher und eBooks: Wie viel Paul steckt in Tristan?
Paul Sandmann (lacht): Ich hatte gewusst, dass diese Frage kommt! Ich, Paul Sandmann, bin Tristan, Isabella, Anna, Tom, Jeff, George und alle anderen – und gleichzeitig keiner davon.
Bücher und eBooks: Haben Dich Das Bildnis des Dorian Gray von Wilde und / oder Kapital von Lanchester inspiriert?
Paul Sandmann: Mit Dorian Gray hat Wilde einen der größten Narzissten der Literatur geschaffen. Deshalb gibt es tatsächlich Referenzen zu Dorian Gray im Roman.
Bücher und eBooks: Wenn ja, wo siehst Du den entscheidenden Unterschied zu Deinem Werk?
Paul Sandmann: Der Unterschied ist, dass es Tristan wirklich geben könnte. Außerdem begeht er nicht den Fehler, dass er einen Künstler sein Portrait malen lässt. Tristan erhält seinen Fluch auf eine sehr viel realere Art und Weise..
Bücher und eBooks: Die beiden Frauen, Isabella und Ana, können kaum unterschiedlicher sein. Stehen sie für reale Menschen oder sind sie Prinzipien? Die dunkle und die helle Macht, die um Tristan kämpfen?
Paul Sandmann: Das ist sicherlich eine Interpretation. Isabella ist die eine Liebe, nach der wir uns alle sehnen. Das Geheimnis von Ana ist noch viel offensichtlicher. Aber ich möchte nicht zu viel verraten, um den Lesern nicht die Spannung zu verderben.
Bücher und eBooks: Warum heißt der (Anti)-Held Tristan?
Paul Sandmann: Mit meinem Werk wollte ich den Archetypen des Narziss schaffen. Den Halbgott also, der die einzig wahre Liebe nur bei sich selbst findet. Nach Romeo und Julia ist die größte europäische Liebesgeschichte „Tristan und Isolde.“ Wenn ich Isolde aus dem Titel herausstreiche, bleibt nur eins: Die Eigenliebe.
Bücher und eBooks: Narzisstischer Entwicklungsroman, philosophischer Liebes- oder auch Beziehungsroman sowie Gesellschaftsroman mit politischem Anspruch in einem. Das ist der Roman für mich als Leser. Wie ordnest Du ihn ein?
Paul Sandmann: Ich glaube, damit hast Du es ziemlich gut getroffen. Wenn man als Autor diese Aneinanderreihung sieht, liest man eigentlich nur eins: Scheitern. Gott sei dank scheint gerade das nicht eingetreten zu sein.
Bücher und eBooks: Gibt es bereits ein neues Projekt?
Paul Sandmann: Nein, und das wird es auch auf absehbare Zeit nicht. Mit der Fertigstellung von „Tristan“ ist eine unglaubliche Erleichterung einhergegangen. Der künstlerische Schaffensprozess hat immer etwas Selbstzerstörerisches. Nun fühle ich mich erst einmal leer und glücklich. Wenn sich das ändert, werde ich wieder beginnen Notizen zu schreiben. Und dann wird auch möglicherweise irgendwann das Motiv für einen neuen Roman entstehen.
Bücher und eBooks: Und noch eine Frage zum Schluss ... Du selbst schreibst über Dich: „Paul Sandmann ist Dauer-Reisender, Träumer, Liebhaber klassischer Musik und der bildenden Künste. Er schreibt seitdem er zwölf Jahre alt ist und liest seiner Freundin seit wenigen Monaten seine Geschichten vor. An dem vorliegenden Roman hat er sechs Jahre gearbeitet. Paul Sandmann ist gefühlte dreiunddreißig Jahre alt.“ Willst Du konkreter werden? Beruf, Alter, wo lebst Du?
Paul Sandmann: Ich möchte nur ungern von „Tristan“ ablenken. Der Roman - die Idee - ist alles was zählt und braucht allen Raum, den sie kriegen kann. Paul Sandmann spielt eigentlich gar keine Rolle. Ich wurde geboren, um „Tristan“ zu schreiben.
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