Dienstag, 24. Dezember 2013

Weihnachten

Nun ist das Fest der Weihenacht,
das Fest, das alle glücklich macht,
wo sich mit reichen Festgeschenken
Mann, Weib und Greis und Kind bedenken,
wo aller Hader wird vergessen
beim Christbaum und beim Karpfenessen; –
und Groß und Klein und Arm und Reich, –
an diesem Tag ist alles gleich.
So steht's in vielerlei Varianten
in deutschen Blättern. Alten Tanten
und Wickelkindern rollt die Zähre
ins Taschentuch ob dieser Märe.
Papa liest's der Familie vor,
und alle lauschen und sind Ohr ...
Ich sah, wie so ein Zeitungsblatt
ein armer Kerl gelesen hat.
Er hob es auf aus einer Pfütze,
daß es ihm hinterm Zaune nütze.

Erich Mühsam († 10. Juli 1934 in Oranienburg ermordet)

Quelle: Projekt Gutenberg SPIEGEL

Freitag, 20. Dezember 2013

Neu: "Yambu! Das Burundi-Tagebuch II": Der zweite Teil des Abenteuers in Ostafrika

„Yambu! Das Burundi-Tagebuch II“ ist die Fortsetzung von Zisers Begegnungen in Burundi, doch es liest sich wie ein eigenständiges Abenteuer in Ostafrika. Er schreibt vom unterschwelligen Hass zwischen Hutu und Tutsi, politischen Machtkämpfen, korrupten Polizisten und Schlangen auf Toiletten. Er überlebt Benzinkrisen und Rafting-Touren auf dem Nil, bereist Ostafrika mit Bus, Zug und Fahrradtaxi und entdeckt dabei die Vielfalt, Besonderheit und Schönheit des Kontinents. Sein ständiger Begleiter sind die Gedanken an die Kinder in Bujumbura.

Philipp Ziser ist Jahrgang 1982. Nach dem Studium in Geschichte und Journalismus an der Universität Karlsruhe ging der freie Journalist für ein Jahr nach Burundi, Ostafrika, wo er ehrenamtlich für die Hilfsorganisationen burundikids e.V. und Fondation Stamm arbeitete. Ziser lebt heute mit seiner Frau in Bujumbura und ist Leiter der Kommunikation und Personalchef der Fondation Stamm.

Bald erhältlich auf Amazon und im Buchhandel! Vorab schon online zu haben im Buchshop des Verlags!

Quelle: Pressemitteilung von P. Ziser per eMail vom  19.12.2013

Sonntag, 15. Dezember 2013

BILD, eBooks und Tolino

Ab sofort verkauft der Springer-Konzern über sein BILD-Onlineportal auch eBooks, und zwar in Kooperation mit buecher.de. Damit hat der eReader Tolino einen weiteren großen Player zur Unterstützung an Bord. Bisher hatte BILD.de Musik, Tickets und Filme im Entertaiment-Angebot.

BILD.de hatte in den letzten 4 Monaten   174.864.869 Visits. Ob dieses Potenzial für den künftigen Buchverkauf genutzt werden kann, wird die Zukunft zeigen.

Hier geht es zu BILDeBooks.






Freitag, 6. Dezember 2013

eBook-Reader als Weihnachtsgeschenk?

Rechtzeitig vor dem großen Geschenkefest hat die Computerfachzeitschrift CHIP 13 eBook-Reader getestet.

Nach folgenden Kriterien wurde getestet: Mobilität (Größe, Gewicht, Akkuleistung etc.), Geschwindigkeit (benötigte Zeit zum Öffnen eines eBooks etc.), Display (Auflösung, Kontrast etc.) und Ausstattung. Die tabellarische Übersicht enthält zahlreiche Angaben zu technischen Details. Neben der Listenansicht mit den Ergebnissen des Tests und den wichtigsten Produktmerkmalen im Überblick gibt es zu jedem eReader einen detaillierten Testbericht.

Die verschiedenen Kindle-Versionen belegen die Plätze 1, 3 und 6. Der Sony PRS-T3 den 2. Platz. Abgeschlagen auf Platz 7 landete der Tolino Shine. Dem eReader von Thalia, Weltbild, Hugendubel, Club Bertelsmann und der Telekom wird zwar eine gute Verarbeitung, lange Laufzeit und ein gutes Display bescheinigt, aber bei der Ausstattung, z.B. keine Bilderanzeige  und keine Notizfunktion, und Software, von Softwareabstürzen ist im Bericht die Rede, wird er schlechter als die Amazon-Konkurrenz bewertet. Beim Kindle Paperwhite wird auch ausdrücklich auf das allergrößte Defizit hingewiesen: den Ausschluss des ePub-Formats, d.h. die Bindung an Amazon.

Übrigens, trotz der beiden Vorteile (Lesen im Sonnenlicht und lange Akkulaufzeit) von eReadern gegenüber Tablets  lese ich persönlich meine eBooks immer noch auf meinem Tablet. Die Multifunktionalität dieser mobilen PCs ist einfach unschlagbar und vor allem muss man sich nicht an einen shop binden, denn  für jedes eBook-Format gibt es eine App.

Sonntag, 1. Dezember 2013

Tod des Buchhandels!?

eBay initiierte Anfang 2012 das Projekt „Zukunft des Handels“, um langfristige Handeltrends zu analysieren. Eckpunkte des Projekts sind regelmäßige repräsentative Konsumentenbefragungen, Expertenhearings und Workshops. Das wichtigste (Zwischen)Ergebnis lautet: "Mobile Technologien lösen die Grenzen zwischen Online- und Offline-Handel zunehmend auf und verändern die Spielregeln im Handel grundlegend."

Quelle: eBay Zukunft des Handels
Nachfolgend die für den Buchhandel relevanten Ergebnisse:
  • 38% der Befragten können sich vorstellen, künftig Waren (außer Lebensmittel und Bekleidung) ausschließlich im Internet zu bestellen.
  • 55% glauben, dass künftig Bücher nicht mehr im Ladengeschäft gekauft werden.
  • 34% haben bereits in der Buchhandlung auf ihr Smartphone zurückgegriffen, um sich online über Bücher zu informieren.
Basis der Umfragen waren jeweils 1.003 Personen im Alter von 14–65 Jahre.
Quelle: eBay "Zukunft des Handels" (Hier steht auch die 64-seitige Studie zum Download zur Verfügung!)

Mittwoch, 27. November 2013

Weihnachtsgeschenk Nr. 1: Bücher!

Die Gesellschaft für Konsumforschung, kurz GfK, hat die Studie „Weihnachtsgeschäft 2013“ vorgelegt. Gefragt wurden 4.143 Personen im Alter von 14 bis 74 Jahre im Zeitraum 24. Oktober bis 8. November 2013.

Wie bereits in den Vorjahren, werden auch Weihnachten 2013 insbesondere Bücher, Spielwaren und Bekleidung verschenkt. 90 % der Deutschen planen Weihnachtsgeschenke, für die sie durchschnittlich 288 Euro ausgeben wollen. 1 % mehr als im vergangenen Jahr.

Weihnachtsgeschenk Nr. 1 sind Bücher! Rund 42 % der Deutschen möchten Bücher verschenken. Daraus ergibt sich ein Umsatzvolumen von rund 1,06 Milliarden Euro für den Buchhandel. Im Vorjahr waren es noch rund 44 % „Bücherverschenker“.

Kleiner Tipp in eigener Sache: Wer noch ein schönes Buchgeschenk sucht, sollte hier klicken Vom Niger zum Benue, Historischer Roman

Quelle: Pressemitteilung der GfK vom 27. November 2013 „An Weihnachten sitzt das Geld locker“

Dienstag, 26. November 2013

Konkurrenz für neobooks, XinXii und Co.!?

Egmont LYX kündigt für das Frühjahr 2014 den Start von LYX Storyboard an. Auf dieser neuen, kostenlosen Schreib- und Leseplattform bringt der Verlag angehende Autoren und neugierige Leser in ihrer gemeinsamen Leidenschaft für großartige Geschichten zusammen.

Autoren können eigene Texte online stellen, die von Lesern bewertet und in einem Wettbewerb regelmäßig zum LYX Talent gewählt werden können. Jedem LYX Talent winkt automatisch ein Verlagsvertrag mit LYX.digital, dem EBook-Label des Verlags. Somit erhält die Community die Chance, aktiv das Programm von LYX.digital mitzugestalten!

Auf www.lyx-storyboard.de können sich Leser für einen Newsletter anmelden. Die ersten 100 Einsender von Manuskripten bekommen die Möglichkeit, sich einen exklusiven Zugang zur Beta-Testversion der Plattform zu sichern und somit beim Launch 2014 dabei zu sein.

Alle Texte aus den Genres Romance, Thriller/Krimi, Fantasy, historischer Roman und Frauenunterhaltung sind willkommen – unabhängig davon, ob es sich um abgeschlossene Texte oder erste Kapitel handelt.

Verantwortlich für LYX Storyboard zeichnen Sabine Glitza, Programmleiterin  digitale Medien und Portalmanager Dennis Schmolk.

Quelle: Pressemitteilung Lyx-Verlag, 26.11.2013

Profitiert der Buchhandel vom eTrend?

Eine buchreport-Umfrage zur Bedeutung des Onlinehandels im Buchhandel kam zu folgenden Ergebnissen:

  • 83% der kleinen Buchhandlungen (unter 500.000 Euro Jahresumsatz) betreiben einen Onlineshop.
  • 52% aller teilnehmenden Buchhändler mit Onlineshop vermelden leichte Zuwächse, 21% deutliche Zuwächse. Bei den großen Buchhandlungen (ab 1 Mio Euro Jahresumsatz) gaben 41% an, deutliche Zuwächse zu verzeichnen.
  • Bei 52% der Buchhandlungen hat der Onlineshop lediglich einen Umsatzanteil von 0-1%, nur 8% der Buchhandlungen haben einen Online-Umsatzanteil von 6% und mehr. 
  • Nur 9% der Buchhandlungen sahen eine deutlich wachsende Nachfrage an eReadern; bei den eBook-Käufen sahen nur 8% einen deutlichen Anstieg. Bei den großen Buchhandlungen waren es dagegen 29 und 24%.
Die Umfrageergebnisse basieren auf 216 elektronischen Fragebogen, die zwischen dem 8. und 12.11.2013 per eMail eingesendet wurden.

Fazit: Nicht wirklich überraschend ist, dass besonders die großen Buchhandlungen vom eTrend (Onlinshop, eBooks, eReader) profitieren.

Montag, 25. November 2013

Börsenblatt berichtet ausführlich über Amazons Probleme

Immer wieder thematisiert das Börsenblatt die Streiks bei Amazon in Leipzig und Bad Hersfeld. Unter der Überschrift „Macht Amazon psychisch krank?“  weist das Börsenblatt am 25.11.13 auf „eine wenig schmeichelhafte Reportage [der BBC] über das Leben als Picker bei Amazon in Großbritannien“ hin. Auch der Beitrag der „Welt“ vom 24.11.13 mit dem Titel „Amazon gängelt Mitarbeiter wie vor 110 Jahren“ wird angeführt. Ebenso wird die „preisgekrönte HR-Reportage über die Situation der Leiharbeiter bei Amazon“ aus dem Frühjahr 2013 in Erinnerung gebracht.

Nicht offensiv, eher dezent erfolgt am Ende des Artikels der Hinweis, dass diese Negativ-Publicity dem Buchhandel nützen könnte. Der Anstieg im Ostergeschäft wird der vorgenannten Reportage des hessischen Rundfunks zugeschrieben.

Freitag, 22. November 2013

Ab dem 20. März 2014 im Kino!

„Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“ von Jonas Jonasson kommt am 20. März 2014 ins Kino.Dieser Chrash-Kurs in Weltgeschichte und zugleich gut lesbare Mischung aus Roadtrip Groteske, Kriminal- und Schelmenroman wurde vom schwedischen Regisseur Felix Hengren verfilmt.

 
Quelle: YouTube,
Trailer Der Hundertjährige,
der aus dem Fenster stieg
und verschwand

Wir können gespannt sein, ob der Film genauso witzig, genial kreativ und absolut unterhaltsam ist wie das Buch.

Hier geht es zur Buchbesprechung auf Bücher und eBooks: „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“ – ein Lesevergnügen!

Sonntag, 17. November 2013

eBook-Ratgeber für Einsteiger

Der MVB (Marketing- und Verlagsservice des Buchhandels GmbH) bietet dem Buchhandel eine Kundenbroschüre für eBook-Einsteiger an.

Auf 32 Seiten werden leicht verständlich die gängigen Formate, die eInk-Technologie, das Anlegen einer Adobe-ID etc. vorgestellt. Auch ein Vergleich der verschiedenen eReader fehlt nicht.

Die Broschüre kann online gelesen werden unter: boersenblatt eBook-Ratgeber

Freitag, 15. November 2013

Theorie gegen Praxis: Der Therapeut, der eine Therapie braucht

Der Autor, Noam Shpancer, ist Professor für klinische Psychologie und Psychotherapeut. Er weiß, worüber er in "Der gute Psychologe" schreibt.
 


"Der gute Psychologe“ (dessen Namen der Leser nie erfährt) arbeitet am Vormittag als Psychotherapeut auf dem Spezialgebiet der Angst und ist am Abend als Hochschullehrer tätig. Als Leser ist man immer wieder positiv erstaunt, mit welchen Methoden er versucht, seine Studenten, deren Haltung zwischen Übereifer und Lethargie angesiedelt ist, in die Psychologie und Psychotherapie einzuführen. Er gibt sehr erfolgreich anderen Menschen Lebenshilfe, bräuchte aber dringend selbst Hilfe, da er sich an einer komplizierten Beziehung abmüht. Unglücklich verliebt in eine verheiratete Frau, mit der er eine Tochter hat, versucht er immer wieder vergebens, eine Liebesbeziehung herzustellen. Er leidet zudem intensiv unter der Trennung von seiner Tochter. Der auktoriale Erzähler betrachtet distanziert den Protagonisten und beschreibt dessen Verhalten und Denken im Detail.

Neben der theoretischen Betrachtung der Psychologie und dem sich Abmühen mit der eigenen Lebenspraxis gibt es einen durchgängigen dritten Handlungsstrang: Eine Stripperin, die nicht mehr in der Lage ist, ihren Beruf auszuüben, ist die wichtigste Nebenfigur.

Shpancer macht den Leser auf spannende Art und Weise mit dem Berufsalltag eines Therapeuten und den Herausforderungen der modernen Psychologie vertraut. „Der gute Psychologe“ ist ein lesenswerter, informativer und auch humorvoller Roman. Nicht die großen Themen, sondern die Nöte gewöhnlicher Menschen werden thematisiert, und zwar auf spannende Art und Weise.

Shpancer, Noam
Der gute Psychologe
288 Seiten
btb Verlag 2012
ISBN-10: 3442745071
ISBN-13: 978-3442745074
EUR 9,99

Freitag, 8. November 2013

Dr. Sommer in der Provinz

Quelle YouTube:
Andreas Maier liest »Zehn Seiten«
aus seinem Roman »Die Straße«.

Andreas Maier schreibt ein Serial mit elf Bänden Umfang über seine Kindheit und Jugend in der hessischen Provinz, genauer Friedberg in der Wetterau. Über dieses Großprojekt sagte er selbst: "Ich denke einfach, dass ich daran bis zu meinem Lebensende schreiben werde. Erst lebt man vierzig Jahre, dann braucht man vierzig Jahre, um all das aufzuschreiben. Dann bin ich achtzig und darf sterben." Nach den Bänden „Das Zimmer“ und „Das Haus“ ist in diesem Jahr der dritte Teil, „Die Straße“, erschienen.

"Die Straße" spielt in den 70er und frühen 80er Jahren. Der Ich-Erzähler Andreas ist ein pubertierender Jugendlicher. Erzählt wird aus der Perspektive des Heranwachsenden, der das, was er an Sexualität um sich herum bemerkt, weder einzuordnen noch konkret zu benennen weiß. Ein Beispiel für die Naivität des Ich-Erzählers: In einer Fernsehsendung geht es um das Gestein Tuff. Fasziniert vom Klang wiederholt er dieses Wort immer wieder und spricht es rückwärts aus. Sehr zum Missfallen seiner Lehrerin, die seine Mutter einbestellt. Andreas ist sich keines Vergehens bewusst. Umso erstaunlicher für den Leser ist die Derbheit der Sprache, die von Zeit zu Zeit diese Erzählperspektive durchbricht.

Detailliert wird die Jagd einer Art Bürgerwehr auf einen Exhibitionisten beschrieben. Beteiligt sind ausgerechnet jene Väter, die Körperkontakt zu ihren Töchtern und vor allem zu deren Freundinnen suchen. Auf diese Weise deckt Maier die Heuchelei in der kleinbürgerlichen Provinzwelt auf. 

Breiten Raum nehmen auch die ersten sexuellen Erfahrungen der älteren Schwester und deren Freundinnen ein. Seitenlang werden „Doktorspiele“ thematisiert. Die Jugendzeitschrift Bravo ist ein weiterer Meilenstein, was die Entdeckung der Sexualität angeht. Die Eltern sind sprachlos, Dr. Sommer ist es nicht: "So war die sprachliche Welt meiner Eltern ein ganzes Leben lang eine Welt ohne Beischlaf …“ Dabei wagt der Autor die These, dass die Bravo durch die Thematisierung von Petting und ähnlichem erst Wünsche bei den Heranwachsenden geweckt hat, die zuvor gar nicht vorhanden gewesen seien.




 Auch die Passion der älteren Schwester für amerikanische Soldaten ist inhaltsprägend. Diese freut sich entsprechend auf den amerikanischen Austauschschüler John. Denn der ist der erste Amerikaner, der im Haus übernachtet. Sie wird aber herb enttäuscht, da John ein schwabbeliges „Riesenbaby“ ist.

Mit John nimmt der Roman eine dramatische Wendung. Handelte es sich zuvor um eine unterhaltsame Erzählung rund um das Thema Erwachsenwerden und Entdeckung der Sexualität in der kleinbürgerlichen Provinz, wird es nun bitterernst. Denn John wird in einer späteren Gastfamilie sexuell missbraucht. Erst da wird klar, was der Ich-Erzähler zu Beginn der Geschichte gemeint hat, als er von alten Männern, die in Hexenhäusern in der Altstadt wohnen, berichtete. 

Fazit: Wer bereit ist, sich auf eine schonungslos offene und pessimistische Schilderung des Erwachsenwerdens in der kleinbürgerlichen und durchsexualisierten Provinz einzulassen, der sollte diesen Roman lesen.


Andreas Maier:
Die Straße
Suhrkamp Verlag, Berlin 201
194 Seiten
ISBN-10: 3518423959
ISBN-13: 978-3518423950
17,95 EURO








Sonntag, 3. November 2013

Bram Stoker: Dracula als kostenloses Hörbuch

Pünktlich zu Halloween bieten der Deutsche Taschenbuch Verlag und das literaturcafe.de Bram Stokers Dracula als kostenlosen MP3-Download an.

Bei der "Vampyrlesung" handelt es sich um eine auf zwei Stunden gekürzte Lesefassung. Gelesen wird der Originaltext in deutscher Übersetzung von Wolfgang Tischer und Lilian Wilfart.

Hier geht´s zum Download: dtv Magazin 11/13

eBooks: Der aktuelle Trend in den USA

Eine Umfrage der Book Industry Study Group (BISG) hat ergeben, dass im 4. Quartal 2012 in den USA 30% der verkauften Bücher eBooks waren.
 
Folgende vier Ergebnisse der Studie "Konsumentenhaltung zum eBook-Lesen" wurden hervorgehoben:
  •  Die Verbraucher sind sehr an Bundles (Print- plus digitale Version eines Buches) interessiert. 48% der Befragten sind bereit, mehr für Bundles zu bezahlen.
  • Knapp über die Hälfte der Befragten würden mehr für ein eBook zahlen, wenn es weitergegeben oder wieder verkauft werden könnte.
  • Die Kaufentscheidung hängt nicht davon ab, ob das eBook von einem Verlag oder im Selfpublishing veröffentlicht wurde.
  • Mehr Leser kaufen abwechselnd Print-und digitale Versionen eines Buches. Die Zahl der Leser, die ausschließlich eBooks kaufen, sinkt..
 

Dienstag, 29. Oktober 2013

25% der Europäer kauften 2012 Bücher im Internet

Das ist das Ergebnis der jährlichen Eurostat-Umfrage (Statistisches Amt der Europäischen Union).

Die Luxemburger führen europaweit mit  47%, gefolgt von den Deutschen mit  41%. Am niedrigsten ist die Internetkaufrate mit rund 4% bei Lesern in Rumänien, Litauen und Bulgarien.

Quelle: THEBOOKSELLER

Samstag, 26. Oktober 2013

Smells like teenspirit

1994, im Alter von 22 Jahren, hat Stefan Kalbers mit den Arbeiten an seinem Roman "Notausgang" begonnen. 2001 erschien die Erstausgabe, im September 2013 kam es zu einer Wiederveröffentlichung beim Unsichtbar-Verlag.


Die 90er

Smells like teenspirit  - der Titel von Nirvana - könnte das Motto des Romans „Notausgang“ sein. Denn es geht um das Lebensgefühl der 90er Jahre, um Jugendlichkeit, um Erwachsenwerden, um Orientierungslosigkeit und um Sinnsuche.



Der Autor erklärt im Nachwort die beiden wesentlichen Absichten seines Werks, nämlich 1. auf der Basis seines „damaligen Erfahrungshorizonts“ sein Lebensgefühl auszudrücken und 2. eine Standortbestimmung vorzunehmen. 


Authentizität

Der Ich-Erzähler hat zahlreiche Gemeinsamkeiten mit dem (damals 22-jährigen) Autor: „ Ich arbeite an der Tankstelle, damit ich geradewegs so viel Geld verdiene, um mir mein Kellerzimmer und kleine Vergnügungen leisten zu können ...“ Die beim Lesen erkannte und gefühlte Authentizität ist also erlebt und nicht erdacht.


Die Handlung 

Die Handlung ist schnell erzählt: Drei Freunde hasten zusammen – auf der Flucht vor sich selbst ? - durch einen warmen 90er-Jahre- Sommer in einer nicht genannten Stadt. Es geht rasant von Party zu Party. Der exzellente Schreibstil ist der rastlosen Handlung angepasst. Zwischen Vollrausch und exzessivem Kiffen reflektiert der Ich-Erzähler sein eigenes Leben und versucht, das Leben an sich zu ergründen. Er ist auf der Suche nach einem Lebensziel und Lebenssinn. Der Ich-Erzähler philosophiert, und er betreibt – wie im Nachwort geschrieben – Standortbestimmung. „Und zwar in erster Linie durch Abgrenzung, Ablehnung, Negation und waghalsige Behauptungen …“. Die Lebensentwürfe anderer werden seziert und verworfen, allerdings ohne einen positiven Gegenentwurf zu präsentieren. Von Angst, Schmerz und Orientierungslosigkeit überwältigt flieht er immer wieder in die Betäubung. 


Fazit

Der Leser und der Ich-Erzähler erschrecken gleichermaßen vor einem massiven Gewaltausbruch des Protagonisten. Doch dieser Handlungsstrang wird nicht weiter ausgeführt. Ist das Ende des Romans eine Anspielung auf Kurt Cobains Suizid? Auch das bleibt offen.

„Notausgang“ ist ein lesenswerter Ausflug in die 90er Jahre und die eigene Adoleszenz.

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Das erste Kapitel als Leseprobe auf der Homepage des Autors:

Stefan Kalbers

Vielen Dank an den Unsichtbar-Verlag für die Zusendung eines eBook-Rezensionsexemplars.

Kalbers, Stefan
Notausgang
Unsichtbar-Verlag September 2013
208 Seiten
ISBN-10: 3942920298
ISBN-13: 978-3942920292
EUR 9,99

(eBook: EURO 6,99)

Mittwoch, 16. Oktober 2013

Hassen Sie Bulgarien?

Sie vielleicht nicht, aber die Ich-Erzählerin im Roman Apostoloff von Sibylle Lewitscharoff tut dies definitiv, und zwar ganze 247 Seiten lang: Die bulgarische Sprache scheint abscheulich, das ganze Land „verbaut, verpatzt, verdreckt … Das bulgarische Essen? Ein in schlechtem Öl ersoffener Matsch … Bulgarische Kunst im zwanzigsten Jahrhundert? Abscheulich, und zwar ohne jede Ausnahme. Die Architektur, sofern nicht Klöster, Moscheen oder Handelshäuser aus dem neunzehnten Jahrhundert? Ein Verbrechen!“




Warum reist sie dann mit ihrer älteren Schwester durch Bulgarien?

Das liegt an Alexander Tabakoff, einem reichen Bulgaren, der die sterblichen Überreste von in Stuttgart verstorbenen Exilbulgaren in die alte Heimat überführen lässt. Dreizehn Limousinen fahren von Stuttgart nach Ancona, von dort mit der Fähre nach Bulgarien und weiter nach Sofia. Einer der Toten ist Kristo, der Vater der beiden Schwestern, der sich bereits vor vielen Jahren erhängt hat. Nach der Bestattung der Urnen auf dem Zentralfriedhof in Sofia beschließen die Ich-Erzählerin und ihre Schwester, noch ein paar Tage in Bulgarien zu bleiben, und Rumen Apostoloff zeigt ihnen sein geliebtes Bulgarien.

Bulgarien und Vater, das sind eins: „Vaterhass und Landhass“ gehören für die Ich-Erzählerin zusammen.

Während der Reise erfährt der Leser Details aus der bulgarischen Geschichte und Gegenwart: von der osmanischen Besatzung über das Bündnis während beider Weltkriege mit Deutschland sowie die Zerstörung des Landes durch das Sowjetsystem bis hin zu den Problemen in der postkommunistischen Ära. Gleichzeitig wird die Familiengeschichte erzählt: wie der Vater 1943 nach Deutschland kam, dort eine Schwäbin heiratete, sein Studium beendete und als Gynäkologe tätig war. Dabei geht es in erster Linie um die Abrechnung einer Tochter mit ihrem toten Vater, der überdies immer wieder geisterhaft erscheint und noch den Strick um den Hals trägt. Der Selbstmord des Vaters wird als Im-Stich-Lassen gedeutet. Und die Tochter kann ihm dies nicht verzeihen.

Sibylle Lewitscharoff offenbart in diesem Roman viel Autobiographisches: von der deutsch-bulgarischen Abstammung und der Degerlocher Kindheit über ihre eigene trotzkistische Phase bis hin zum Selbstmord des Vaters, als sie elf Jahre alt war.  Übrigens ziert der bulgarische Pass des Vaters der Autorin als Collage den Buchumschlag. 

Die Handlung läuft nicht chronologisch, die Handlungsfäden werden nicht geradlinig gesponnen. Wie zwischen den Zeitebenen springt die Ich-Erzählerin auch zwischen der Landes- und der Familiengeschichte hin und her. Durchgängig bleibt indes der satirische Grundton, der auch vor brutalem Spott und Hohn nicht zurückschreckt. Der Rezensent der Taz nennt den Sprachstil eine "Vernichtungs- und Wortmaschinerie" und hat damit meiner Meinung nach genau getroffen.

Apostoloff ist eine schonungslose Abrechnung mit Familie und Herkunftsland und geprägt von Elementen der schwarzen Komödie. Angesichts des autobiographischen Hintergrunds ist Apostoloff zugleich ein ungemein ehrlicher Roman. Die Wort- und Satzkonstruktionen sind exzellent und begeistern. Aus gutem Grund hat die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung den Georg-Büchner-Preis 2013 an Sibylle Lewitscharoff verliehen.



Lewitscharoff, Sibylle
Apostoloff
248 Seiten
Suhrkamp Verlag; 6. Auflage 2010
ISBN-10: 351846180X
ISBN-13: 978-3518461808
8,99 EURO

Dienstag, 8. Oktober 2013

PricewaterhouseCoopers legt Studie zum eBook-Markt vor

„Die Umsätze mit belletristischen E-Books in Deutschland haben sich in nur einem Jahr fast verdreifacht und konnten dabei die Verluste aus dem Printbereich vollständig kompensieren. Wir erwarten, dass die Buchbranche auch in Zukunft in den digitalen Wandel erfolgreich meistern wird.“
Werner Ballhaus, Leiter des PwC-Bereichs Technologie, Medien und Telekommunikation

PricewaterhouseCoopers, kurz PwC, eine der renommiertesten Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgsellschaften der Bundesrepublik hat am 8.10.13 eine Studie zum Thema eBooks vorgelegt.

Hier die Ergebnisse und Prognosen im Überblick:

  • 2012 betrugen die eBook-Umsätze in den Bereichen Belletristik sowie Kinder- und Jugendbuch 144 Millionen Euro - das entspricht 3% des Gesamtumsatzes. Bis 2017, so erwartet PwC, wird der Umsatzanteil der eBooks bei 16% oder 852 Millionen Euro liegen.
  • Der klassische Buchmarkt hat auf die zunehmende Bedeutung des eBooks reagiert: Buchhandelsfillialisten bieten eBooks vor Ort, online oder via App an; zahlreiche Buchverlage produzieren digitale Bücher.
  • 13% der Befragten lesen regelmäßig eBooks, bei den Frauen sind es 15%, bei den Männern nur 9,5%.
  • Die meisten lesen eBooks auf einem eReader.
  • In der Gruppe der 31-bis 45-Jährigen finden sich die meisten eBook-Käufer.
Quelle: Pressemitteilung PwC 8.10.13 und Whitepaper PwC Media Trend Outlook eBooks



Freitag, 4. Oktober 2013

Drei Frauen – eine Insel

Bei den Recherchen zu seinem Roman „Wenn das Schlachten vorbei ist“, der auf den Kalifornien vorgelagerten Inseln St. Cruz und Anacapa spielt, stieß T.C. Boyle auf  historische Zeugnisse von Bewohnern der Insel St. Miguel. Daraus erschuf er, um dies gleich vorneweg zu sagen, einen grandiosen historischen Roman. 

Boyle sagte in einem Interview mit Der Welt: „Mein erstes Buch Wassermusik spielte während der Kolonialisierung Afrikas – es war eine postmodern zugespitzte Geschichte, die sich über historische Romane lustig machte. Mehr als 30 Jahre später habe ich jetzt mit San Miguel selbst einen realistischen historischen Roman geschrieben. Der Kreis scheint sich geschlossen zu haben.“



Es geht in St.Miguel um drei Frauenschicksale:

Im Jahr 1888 kommt Marantha, die an der „Schwindsucht“, heute Tuberkulose genannt, leidet, auf die Insel. Gemeinsam mit ihrem Mann und ihrer Adoptivtochter. Statt der erhofften Erlösung von ihrem Leiden findet sie auf der Insel nichts als harte Arbeit, schlechtes Wetter und Einsamkeit. Dazu kommt die zunehmende Entfremdung von ihrem Mann. Marantha und ihre Adoptivtochter Edith haben nur einen Wunsch, nämlich die Insel so schnell wie möglich zu verlassen. Kaum zurück auf dem Festland stirbt Marantha. Edith wird von ihrem Stiefvater gezwungen, ihre geliebte Schule aufzugeben und auf die Insel zurückzukehren, um ihm den Haushalt auf der Schafsfarm zu führen. Sie denkt Tag und Nacht an Flucht und ist bereit, dafür alles zu tun. 

Nach dem Ersten Weltkrieg kommt Elise mit ihrem Mann auf die einsame Insel. Das Leben dieser beiden ist geprägt von Liebe, Zufriedenheit und Naturbegeisterung. Zwar führen auch die beiden einen harten Existenzkampf, dennoch empfinden sie das Leben auf St.Miguel als Privileg. Das Familienglück wird durch die Geburt ihrer beiden Töchter vervollständigt. 

Die Klammer zu den Vorbewohnern wird geschickt durch eine Nebenfigur hergestellt. Ein Farmarbeiter, der bereits als junger Mann auf St.Miguel lebte, schildert, was aus Edith nach ihrer Flucht geworden ist.

Den Kampf mit einer harten, unbarmherzigen Natur und daraus resultierende völlig unterschiedliche Lebensentwürfe, hatte Boyle bereits in seinem Roman Drop City  thematisiert. St.Miguel ist vom Stoff her ähnlich verortet, jedoch ganz anders erzählt. Der geübte Boyle-Leser wird überrascht sein, denn hier nutzt der Autor einen für ihn ganz ungewöhnlichen Erzählstil: geradlinig, ruhig, langsam und dennoch spannend entwickelt er hier seine fesselnde Geschichte

Boyle selbst brachte das in dem bereits erwähnten Interview mit Der Welt auf den Punkt: „Zwei der drei von mir beschriebenen Frauen haben tatsächlich auf dieser Insel gelebt. Meine Grundlagen waren Memoiren und Tagebuchnotizen. Und es ist das erste Mal, dass ich einen Roman aus der Perspektive von Frauen erzähle. Ich wollte, dass diese Charaktere wahrhaftig wirken ...“ Und das ist ihm hervorragend gelungen: Ein lesenswerter historischer Roman. Spannend und gekonnt erzählt.

T. Coraghessan Boyle
San Miguel
448 Seiten
Carl Hanser Verlag 2013
ISBN-10: 3446243232
ISBN-13: 978-3446243231
22,90 EURO





Dienstag, 1. Oktober 2013

Tweets und Klischees - Black Box von Jennifer Egan

Eine schöne Frau mit Kamera im Auge, Schnittstelle zwischen den Fußzehen, Mikrophon hinter dem Ohr und voller patriotischer Begeisterung. Sie bezirzt irgendwo am Mittelmeer einen reichen, brutalen und mächtigen Mann, der irgendwie ein Feind ihres Landes ist. 

Die "Schönheit" ist der Zielperson sexuell zu Diensten, verschafft sich auftragsgemäß Einblick in deren Umfeld, flieht am Schluss ... Das ist die Story.



Neu ist die Form: Jennifer Egans Spionagegeschichte entstand aus jeweils 140 Zeichen langen Tweets, die zuerst bei Twitter (an zehn Abenden hintereinander im Minutentakt gesendet), dann im New Yorker und jetzt schließlich als Buch veröffentlicht wurden. Virtuos meistert die Pulitzer-Preisträgerin Jennifer Egan die formellen Vorgaben. Mit ein paar Schlüsselbegriffen und Klischees entwirft sie eine stimmige Spionagegeschichte.

Das Experiment ist gelungen: Man kann anerkennend bestaunen, dass angesichts der strengen Formvorgaben der Inhalt nicht ganz abwegig ist. Liest man den Twitter-Thriller nicht, dann hat man aber auch nichts verpasst.

Jennifer Egan
Black Box
Schöffling & Co., eBook 2013
Kindle Edition,
ca. 40 Seiten
ASIN: B00D5YHDN0
4,99 EURO (die englische Ausgabe kostet2,14 EURO)  



Sonntag, 29. September 2013

Amerika von West nach Ost: unterhaltsam und informativ!

Daniel Oliver Bachmann, geboren 1965 in Schramberg, ist Absolvent der Filmakademie Baden-Württemberg und dreht Filme, u.a. für das ZDF und für ARTE. Zudem ist er Autor zahlreicher Romane, Reiseberichte und Drehbücher. Viel Zeit verbringt er auf seinen Reisen durch alle Kontinente.

In "Hamburger, Hollywood & Highways: Abenteuer Alltag in den USA" beschreibt Bachmann seine  Reise quer durch die USA (von West nach Ost): 8.000 Kilometer durch 20 Staaten. Eindrucksvoll schildert er seine Begegnungen mit den Menschen im Gangland von L.A., beim Rodeo, in den Rocky Mountains, den weiten Prärien des Mittelwestens und in NewYork.




Bachmann besucht alte Freunde und findet neue. Die Begegnungen mit den Menschen stehen im Mittelpunkt seiner Schilderungen. Es sind interessante, oft auch skurrile Typen, die der Leser auf diese Weise kennenlernen darf. Mit viel Humor und mit einer nie arroganten Ironie schildert er Aktuelles und Historisches. Sein Blick auf die Dinge ist offen und unvoreingenommen. Er versucht, zu verstehen. Als er z.B. von Siedlern erzählt, die im 19.Jahrundert in einem Blizzard umkamen und so ihrem Traum vom neuen Leben mit dem Tod bezahlten, hält er am Straßenrand an, um sich selbst dem tobenden Eissturm auszusetzen.

Der Untertitel lautet "Abenteuer Alltag in den USA". Das trifft allerdings in keiner Weise zu. Denn die erzählten Geschichten sind besonders, nicht alltäglich. Die Menschen, von denen erzählt wird, sind einzigartig und nicht durchschnittlich. Das ist aber alles andere als nachteilig. Gerne habe ich mich rund 4 Stunden lang mit dem Autor auf diese kurzweilige, nicht alltägliche, aber äußerst informative Reise durch die USA begeben.

Fazit: lesenswert!

Bachmann, Daniel Oliver
Hamburger, Hollywood & Highways: Abenteuer Alltag in den USA
215 Seiten
Dryas; Auflage: 1., Aufl. (März 2009)
ISBN-10: 3940855022
ISBN-13: 978-3940855022
19,99 EURO

Dienstag, 24. September 2013

Vorschüsse für Self-Publishing-Autoren

Die Grenze zwischen Self-Publishing und klassischen Verlagen verschwimmt: Self-Publishing-Anbieter BookRix wird ausgewählten Autoren zukünftig Vorschüsse zahlen.

München, 23. September 2013 – Im Vorfeld der Frankfurter Buchmesse 2013 sorgen die Münchner eBook-Spezialisten von BookRix für frischen Wind in der Buchbranche. Während sich die Diskussion vielerorts immer noch auf der Ebene klassischer Verlag versus Self-Publishing bewegt, zeigt BookRix mit dem Start des bisher einzigartigen Programms BookRix Selected, wo die Reise des Self-Publishings zukünftig hingeht.

Im Rahmen von BookRix Selected gewährt das Unternehmen ausgewählten Autoren einen finanziellen Vorschuss für das nächste via BookRix veröffentlichte eBook. Die geleisteten Vorschüsse werden dann mit Einnahmen aus zukünftigen eBook-Verkäufen verrechnet, so wie es bei klassischen Verlagsvorschüssen üblich ist.

 Vielversprechende Autoren kommen dank des Programms zugleich in den Genuss der Freiheiten des Self-Publishings (Selbstbestimmung) und der Vorzüge eines klassischen Verlags (Verlagsvorschüsse = finanzielle Sicherheit).

Dazu BookRix-Gründer und CEO Gunnar Siewert: „Wir verbinden mit BookRix Selected das Beste aus beiden Welten und bieten Autoren die Vorteile des Self-Publishings und eines klassischen Verlages aus einer Hand.“

Vertrauensvorschuss – BookRix möchte Autoren nachhaltig aufbauen und mit der Zahlung von Autorenvorschüssen ganz klar signalisieren, dass man auf eine langfristige Zusammenarbeit setzt. Im Generellen ist das Programm ein klares Bekenntnis zur Förderung von Qualität und Nachhaltigkeit im Self-Publishing-Markt.

Über BookRix:
Als etablierter Anbieter von Self-Publishing-Services ermöglicht BookRix unabhängigen Autoren ihre eBooks professionell zu vertreiben und in allen relevanten Online-Shops wie z.B. Amazon, iTunes, Weltbild, ebook.de und Thalia zum Verkauf anzubieten. Mit über 500.000 registrierten Usern betreibt BookRix zudem die größte internationale Online-Community rund um eBooks und Self-Publishing und bietet Autoren somit gleichzeitig eine Plattform für Promotion und Lesergewinnung. Der gesamte Service von der eBook-Erstellung bis hin zur Distribution an die Shops ist für alle Autoren kostenlos.

Quelle: Pressemitteilung BookRix vom 23.9.13 per eMail

Sonntag, 22. September 2013

K wie kurzweilig ???

„K“ lautet der Titel von Tom McCarthys drittem Roman. Warum K ? Der Protagonist heißt Serge Karrefax. Auch die einzelnen Kapitelüberschriften beginnen mit dem Buchstaben K. Kommunikation, Kohlenstoff, Kunst, Ka, Kode … überhaupt spielt der Buchstabe K bzw. Wörter, die mit einem K beginnen, eine zentrale Rolle in diesem Roman. 

Karrefax kommt im Jahr 1898 mit einer Kappe zur Welt, d.h. die Fruchtblase bedeckt seinen Kopf. Angeblich ein Vorzeichen für ein glückliches Leben. Seine Kindheit ist wenig spektakulär. Sein Vater leitet eine Schule für Gehörlose, seine Mutter betreibt auf dem Landgut eine Seidenspinnerei. Die Schwester Sophie interessiert sich für Biologie und studiert Insekten. Karrefax verbringt seine Zeit mit der noch jungen Technik des Funkens. Nächtelang sitzt er an seiner Funkanalage und morst.
 




K ist trotz dieses klassischen Anfangs kein Bildungs- oder Entwicklungsroman. Karrefax hat zwar ein intensives Interesse an der Funktechnik, die ihn sein gesamtes Leben begleiten wird, aber er verfolgt keinen zielgerichteten Lebensplan, um seine profunden Kenntnisse auch beruflich zu nutzen. Er ergreift lediglich sich zufällig bietende Gelegenheiten, die überdies von anderen an ihn herangetragen werden.



Übrigens hat Tom McCarthy, der nicht nur Schriftsteller, sondern „Allround-Künstler“ ist und sich auch durch seine Installationen einen Namen gemacht hat, im Londoner Institute for Contemporary Art zerstückelte Texte u.a. über Radiofrequenzen versendet. Eine biographische Erklärung für den Stellenwert der Funktechnologie im Roman?

Die Geschwister Serge und Sophie Karrefax haben eine sehr innige Beziehung. Im Nachwort beklagt der Übersetzer, dass sich das Wortspiel „insect … incest …, bei dem im Englischen nur der Buchstabe C mit dem schwesterlichen S den Platz wechselt“, durch den Austausch des Buchstaben C durch den Buchstaben K nicht abbilden lässt. Der Inzest wird indes nur angedeutet. Am Schluss, aber auch das bleibt uneindeutig, begeht die Schwester Selbstmord.

Im tschechischen Bad Klodebrady versucht Karrefax, seine chronische Verstopfung zu kurieren. Um ihn herum mehren sich die Anzeichen für das bevorstehende Gemetzel des Ersten Weltkrieges, ohne dass er sich dessen bewusst wird. Eine Stimmung wie am Ende von Manns Zauberberg wird geschildert. Und schon sitzt Karrefax im Kapitel „Krieg“ als Funkaufklärer in einem Doppeldecker, nimmt Kokain und rezitiert Hölderlin, während er Deutsche mit dem Bordmaschinengewehr tötet. Die Beschreibung der Schlachtfelder und der verwesenden Leichen erinnert in ihrem schrecklichen Realismus an Jüngers Stahlgewitter.

Nach dem Krieg studiert der Antiheld Architektur in London, eine reine Verlegenheitslösung, und taucht ein in das wilde Treiben der Roaring Twenties. Er lernt eine Schauspielerin kennen. Partys, intensiver Heroin- und Kokainkonsum sowie Séancen prägen die Londoner Zeit. Fast wird ihm der raushafte Lebenswandel zum Verhängnis, da vermittelt ihm der Vater eine Stelle als Beamter beim Ministerium für Kommunikation in Ägypten. 

Ägypten ist gerade dabei, sich aus dem britischen Empire zu lösen. Karrefax soll helfen, die „imperiale Kommunikation“, gemeint sind Funksendeanlagen, aufrecht zu erhalten. Stattdessen entdeckt er sein Interesse an altägyptischer Mythologie und steigt in Grabkammern hinab. Das vierte Kapitel heißt „Kammer“. Am Ende bleiben Fieberphantasien, die an Kafkas Gregor Samsa erinnern.

Nach dem Autor kennt wohl der Übersetzer den Roman am besten. Bernhard Robben spricht in einem ZEIT-Interview von „Bedeutungsschichten“ im Roman und meint, dass „K“ „in uns Lesern eine schon fast süchtig machende Lust auf Spurensuche auslösen, Spuren, die zudem über den Roman hinaus auf zahlreiche Schriften der Weltliteratur verweisen, etwa auf Werke von Charles Dickens, Vladimir Nabokov, Ernst Jünger, Filippo Tommaso Marinetti, Martin Heidegger, George Bataille, Sigmund Freud, Franz Kafka, E. M. Forster, Ovid, James Joyce, Sophokles, Friedrich Hölderlin, die Bibel und viele mehr.“ Ähnlich äußert er sich übrigens auch im Nachwort.

Natürlich entdeckt man die ein oder andere literarische Anspielung - siehe meine Anmerkungen zu Mann, Jünger und Kafka. Aber Suchtpotenzial? Dass ist wohl übertrieben. Mein Leseerlebnis war nämlich ein ganz anderes. Wenn es mal spannend wurde, die Handlung vorankam und der Protagonist zu einer lebendigen Person wurde, dann stoppt der Autor den Lesefluss abrupt. Sich über viele Seiten hinziehende, äußerst langatmige Beschreibungen eines Historienspiels oder einer Séance, ausführliche, fast wissenschaftliche Abhandlungen zur Funktechnologie und zur Ortung deutscher Artilleriestellungen, detaillierte Berichte zur politischen Situation des Nahen Ostens und ausführliche Schilderungen des altägyptischen Pantheons … da muss man sich als Leser erst mal durchquälen. Andererseits sind der Wissensfundus des Autors sowie seine sprachliche und erzählerische Kompetenz, insbesondere auch die des Übersetzers, wirklich anerkennenswert.

Zurück zur Ausgangsfrage: K wie kurzweilig? Nein, auf gar keinen Fall! Langweilig fängt zwar nicht mit dem Buchstaben K an, aber trifft es eher.


Tom McCarthy: K
aus dem Englischen von Bernhard Robben
Verlag DVA Belletristik 2012
480 S.
ISBN: 978-3-421-04489-1
24,99 Euro

Freitag, 13. September 2013

Der Fall D. – Eine Stalkerin packt aus … Lohnt sich die Lektüre?

Am Anfang steht die Frage: Warum liest man ein Buch über das Thema Stalken?

Ein Freund von mir wurde auch schon gestalkt, und ich habe miterlebt, wie ihm das Leben zur Hölle gemacht wurde ... Das Buch versprach, beide Seiten zu Wort kommen zu lassen: Täter und Opfer. Denn im Vorwort heißt es: „Als wir, Daniela und ich, im Sommer 2007 mit der Arbeit an diesem Buch begannen“, war ich unsicher, wohin diese Reise führen würde …“ Zwei Frauen, die zusammen ein Buch schreiben, über ihre Beziehung zueinander und vor allem über die Krankheit der einen, das klingt interessant.

Im Vorwort erwähnt die Autorin ein Print-Buch, gemeint ist wohl das im August 2008 Buch „Danielas Männer: Interview mit einer Stalkerin“, und stellt eine neuerliche Auseinandersetzung mit dem Thema, das schließlich in Form des Kindle eBooks erschienen ist, in Aussicht. Laut amazon ist das eBook seit Juli 2011 gelistet.

Zum Inhalt von Der Fall D. - Eine Stalkerin packt aus:

Eva verliert ihre Jugendliebe Tim an die Stalkerin Daniela und freundet sich dann mit dieser Frau im Jahr 1987 an.

Ausführlich schildert Daniela ihr gesamtes Leben, vom Kindergarten bis ins Jahr 2007. Daniela schreibt: „Ich will es nicht schön reden, nicht entschuldigen, aber ich will versuchen mehr Verständnis und Klarheit über mich selbst zu erlangen …“ oder „ich will hier nicht den armen Psycho herauskehren, der sein krankhaftes Handeln in die Verantwortung des ach so schlimmen Elternhauses legt. Es wäre zu bequem und zu gemütlich …“. Doch dann geschieht genau das: Daniela stellt sich selbst ausführlich als Opfer dar:

Das beginnt mit der Familie. Der cholerische Vater, die zu Gefühlsäußerungen unfähige Mutter sowie die an ihr uninteressierten Brüder … Dann folgt die Zurückweisung durch ihre Schulkameraden und Lehrer … sie verletzt sich selbst … sie wird von einem antisemitischen Mitschüler gedemütigt (ihr Vater ist der Sohn jüdischer Eltern, die Familie ist aber protestantisch).

Mit 11 „verliebt“ sie sich in den 16-jährigen Bruder einer Freundin, der dies sexuell ausnutzt. Ob tatsächlich eine Vergewaltigung stattfindet, bleibt letztendlich offen. Es folgt die Beziehung zum 15-jährigen Milosh, der einer Sinti und Roma-Familie angehört, die Daniela zurückweist. Als der Vater des Jungen dessen Mutter erschießt kommt Milosh zu Pflegeeltern. Daniela hat nach eigener Aussage bis heute Kontakt zu Milosh. Eva dagegen schreibt: Es sei nicht eindeutig, „ob es sich bei diesem Zigeunerjungen um eine imaginäre Liebe handelt oder ob es ihn tatsächlich gegeben hat“.

Es folgen eine Abtreibung, Magersucht, ein halbes Jahr in einem israelischen Kibuz und, und, und … Schließlich heiratet Daniela 1989 Evas Exfreund Tim und bekommt bald eine Tochter. Immerhin hält diese Ehe 14 Jahre, bis eine neue „Liebe“ dazwischen kommt. Es folgen unzählige desaströse Kurzbeziehungen und noch eine unglückliche zweijährige Ehe.

2007 ist es schließlich Maik, ein junger Witwer aus dem weiteren Bekanntenkreis, den sie mit dem, was sie für Liebe hält, erdrückt. Detailliert wird geschildert, wie Daniela Maik mit SMSen, eMails und Telefonanrufen belästigt. Sie schleicht um sein Haus, verbreitet Gerüchte über ihn. Eine Stalkerattacke wie aus dem Lehrbuch.

Stalken hat verschiedene Erscheinungsformen. Ihr individuelles Krankheitsbild bringt Daniela selbst auf den Punkt: „Seit meiner frühsten Jugend drehen sich meine Gedanken nur um das andere Geschlecht, sie bestimmen meinen Tagesablauf, lassen andere Talente in mir verkümmern … Stalker wie ich sind Menschen, die anderen das Leben zur Hölle machen können. … Wenn sich der ganze Lebenssinn nur auf Dritte konzentriert, … wenn die Verlustängste und Trennungsschmerzen zum einzigen Lebensinhalt werden, hat keine Normalität … mehr Platz.“

Am Ende des Buches bricht Eva mit der Freundin und rechnet gnadenlos mit ihr ab: „Was mich zweifeln lässt an Danielas Krankheit und angeblicher Sucht, ist die Tatsache, dass sie diese von jetzt auf gleich in den Griff bekommt, sobald es ans Geld geht. … Als medizinischer Laie stelle ich mir vor, dass ein Mensch, der unter Zwangsverhalten leidet, dies nicht einfach abstellen kann und dass es ihm reichlich egal ist, wie teuer ihn diese Sache zu stehen kommt.“ Dann folgen Stellungnahmen von Stalkingopfern, und Eva stellt die kriminelle Seite des Stalkens in den Vordergrund. 

Die Geschichte wird stets aus zwei Perspektiven geschildert. Die Stalkerin Daniela erzählt ihr Leben. Danielas Schilderungen werden von Eva reflektiert und teilweise in ihrem Wahrheitsgehalt angezweifelt. Es gibt keinen chronologischen Ablauf, sondern ein häufiger Zeitenwechsel. Kursiv gesetzte Einschübe aus Tagebuchaufzeichnungen, eMails etc. werden unkommentiert dazwischengeschoben. 

Kein auktorialer Erzähler, sondern zwei Ich-Erzähler. Das suggeriert Authentizität. Dabei sind die sich gegenüberstehenden Passagen sprachlich so ähnlich,dass die Vermutung nahe liegt, dass hier eine Autorin am Werk war.

Beim Kindle eBook gibt es keine Angaben zur Autorin, lediglich bei der Print-Version wird man hier fündig: „Die freie Journalistin und Autorin, die unter dem Pseudonym Eva Jarnowsky schreibt, veröffentlicht regelmäßig Kolumnen und Artikel in einer großen Wochenzeitschrift und war in den letzten 10 Jahren als Ghostwriterin an der Entstehung mehrerer Bücher beteiligt.“

Diese Aussagen mögen zutreffen oder auch nicht. Sprachliche Versiertheit ist vorhanden, die Struktur des Buches ist dagegen weniger professionell. Der Inhalt ist völlig belanglos. Zu dick aufgetragen, zu einfache Lösungen.

Fazit: Die Lektüre war weder spannend, noch hat sie irgendetwas Neues oder Interessantes zum Verständnis des Themas beigetragen. Dieses Buch lohnt sich nicht!

Jarnowsky, Eva
Der Fall D. - Eine Stalkerin packt aus
Kindle Edition 
Seitenzahl der Print-Ausgabe: 169 Seiten 
ASIN: B005FG64K4
EURO 2,68

Dienstag, 10. September 2013

Freundschaft, Angst und Schicksal

Mit „Rausgekickt: Blaue Vögel“ hat die Willicher Autorin Vera Nentwich den zweiten Teil ihrer Romanserie vorgestellt. Erzählt wird die Geschichte von zwei Schicksalsboten, die sich durch ihren harten Job kämpfen und dabei auf die überängstliche Mechthild stoßen. Das Buch ist als Taschenbuch und eBook erhältlich.

Mechthild Gisbertz lebt mit ihren 44 Jahren ein zurückgezogenes Leben im Hause ihres tyrannischen Vaters. Überängstlich stolpert sie durch das Leben und gerät in eine Katastrophe nach der anderen. Sogar die Arbeit der Schicksalsboten, die ein Paar zu seinem Glück verhelfen wollen, wird dadurch empfindlich gestört. Also beschließen sie, Mechthild aus ihrem zurückgezogenen Leben zu holen und zu mehr Selbstvertrauen zu verhelfen. Das geht nicht ganz ohne Rückschläge. Und erst der Damenkegelclub „Die flotten Bienen“ könnte es zum Besseren wenden. 

Vera Nentwich, 53, ist im Hauptberuf die geschäftsführende Gesellschafterin der coni Unternehmensberatung GmbH. Sie schreibt seit vielen Jahren Geschichten, Kolumnen und Songs. „Rausgekickt: Blaue Vögel“ ist ihr zweiter Roman aus der Rausgekickt-Reihe.

Hier geht´s zum eBook und Taschenbuch bei Amazon: Rausgekickt: Blaue Vögel

Weitere Informationen unter http://www.rausgekickt.de

Quelle: Pressemitteilung von V. Nentwich vom 10.9.13

Besprechung des ersten Bandes bei "Bücher und eBooks": „Rausgekickt: Weiße Sterne: Das Schicksal will auch mal Spaß haben“

Mittwoch, 4. September 2013

Nein, kein moderner Simplizissimus, nur ein Opportunist, der sich verrechnet hat.

Der Roman Ein weißes Land von Sherko Fata beginnt im Irak der zwanziger und dreißiger Jahre. Ein Land , das dabei ist, sich nach dem Untergang des Osmanischen Reichs selbst zu finden und unter britischer Mandatsherrschaft steht. 

Dem Straßenjungen Anwar sind die politischen Zusammenhänge fremd, allerdings versucht er die Veränderungen, die er mehr spürt als versteht, zu seinem eigenen Vorteil nutzen. Er will im Leben vorankommen, er will in den „Schönen Häusern“ (so sind zwei Teile des Romans betitelt) leben: „Ich muss nicht einer jener vielen überflüssigen jungen Männer bleiben, die in Bagdad die Straßen säumten, vor Geschäften herumlungerten oder an den Straßen auf jemand warteten, der ihnen Arbeit für ein paar Stunden gab.“

Die Ich-Erzähler-Perspektive macht den Leser mit der inneren Verfassung des Antihelden Anwar und seiner opportunistischen Grundhaltung, die keine moralischen Prinzipien kennt, vertraut. So bleibt auch die dunkelste Regung Anwars nicht verborgen.



Da Anwar zwar mit einer gewissen Bauernschläue ausgestattet ist, die ihm immer wieder hilft, gefährliche Situationen zu meistern, es ihm aber an Intellektualität mangelt, schließt er sich Führern oder besser Verführern an

Zunächst ist da Ezra, der Sohn eines reichen jüdischen Kaufmanns, der ihn in Kreise der Kommunisten und Zionisten einführt. Diese Ideenwelt ist Anwar zu kompliziert, auch sieht er hier keinen Vorteil für sein Vorankommen. Schnell wird er zum gelehrsamen Schüler Maliks, dem Anführer einer Bande von Kriminellen, die sich mit Diebstählen, aber auch mit Auftragsmorden über Wasser hält. Malik positioniert Anwar als Diener im Offizierscasino von Bagdad, dem Treffpunkt der antibritischen und zugleich antisemitischen Offiziere der irakischen Armee. Es währt nicht lange und Anwar wechselt die Seiten und verrät seinen Ziehvater Malik an Oberst Nidal, einen skrupellosen Machtmenschen, der sich Malik und seiner Bande für kriminelle Geschäfte bediente und nun den lästigen Mitwisser ermorden lässt. Loyalität und Prinzipientreue, das ist nichts für Anwar.

Sherko Fatah liest aus "Ein weisses Land"
(Quelle: YouTube)

Über Nidal kommt er mit dem Großmufti von Jerusalem, dem die Befreiung der arabischen Welt mit Hilfe des Dritten Reichs vorschwebt, in Kontakt und wird zu dessen Diener. Er anerkennt diesen hasserfüllten Antisemiten als seinen Führer und schläft sogar in hündischer Ergebenheit auf dessen Türschwelle. Die politische Einstellung des Großmufti ist denkbar simpel: „Nur die Deutschen können uns die Unabhängigkeit geben und nur sie können die Juden ins Meer treiben, die immer weiter daran arbeiten werden, die arabische Nation zu untergraben.“

Als der antibritische Aufstand in Bagdad scheitert, folgt Anwar dem Großmufti nach Berlin. Obwohl der Großmufti und seine Umgebung bald erkennen müssen, dass das Dritte Reich den Krieg verlieren wird, schickt er Anwar zur Waffen-SS. Dieser dient in einer islamischen Division, die aus Aserbaidschanern, Türken, Usbeken und Tataren besteht. In der Ukraine und Weißrussland, im „weißen Land“, bekämpfen die Moslems in den Uniformen der Waffen-SS Partisanen und ermorden unzählige Zivilisten in sogenannten Vergeltungsaktionen. Am Ende werden die jungen Männer auch bei der grausamen Niederschlagung des Warschauer Aufstandes eingesetzt.

Dass er rein gar nichts gelernt hat aus diesen Erlebnissen, zeigt sich als er 1955 in Bagdad sich wieder von Oberst Nidal und einem ehemaligen SS-Arzt instrumentalisieren lässt. Hatte man vorher noch bedingtes Verständnis für diesen Antihelden, bleibt angesichts dieser Uneinsichtigkeit nur noch entsetztes Kopfschütteln übrig.

In der Rezension des Cicero wird „Ein weißes Land“ als Schelmenroman und Anwar als neuer Simplizissimus beschrieben: „Anwar ist ein Simplicissimus des 20. Jahrhunderts, der wie sein historischer Vorgänger durch seine Epoche stolpert, ohne sie auch nur ansatzweise zu begreifen.“ Das ist eindeutig falsch. Simplicissimus "stolperte" einst ungebildet und naiv durch die Geschichte des Dreißigjährigen Krieges und musste viel erleben und erleiden, bis seine Naivität überwunden war. Bei Anwar steht von Anfang an das Kalkül im Vordergrund. Er will Erfolg haben, auch wenn er einen Pakt mit dem Teufel schließen muss.

Zwar fehlt es diesem Antihelden an Bildung, aber nicht an intelligenten Grundeinsichten. Als eines Tages im Umfeld des Großmufti über die jüdische Weltverschwörung, die von „Konjunkturjuden, Finanzjuden und Ghettojuden“ gleichermaßen geplant vorangetrieben werde, diskutiert wird, stellt einer die zweifelnde Frage: „Wie können all diese Menschen das gleiche wollen?“ Anwar erkennt deutlich die Berechtigung dieser Frage, doch trotz besseren Wissens bleibt er seinem antisemitischen Anführer ergeben.

Allerdings gibt es auch eine emotionale Konstante in Anwars Leben, die nicht Opfer seines Opportunismus wird: Seine unerfüllte Liebe zu Mirjam, der Schwester von Ezra. Selbst in Berlin und an der Ostfront erhält er noch Briefe von ihr, was ihn gegenüber seiner antisemitischen Umgebung in Erklärungsnöte bringt. Die Liebe zur Jüdin hindert ihn auch nicht, Handlanger des Holocaust zu werden.

Der Autor, Sherko Fatah, wurde 1964 als Sohn einer Deutschen und eines irakischen Kurden in Ostberlin geboren. Er ist in der DDR, Wien und Westberlin aufgewachsen und besuchte oft die Heimat seines Vaters. Für seinen Debütroman Im Grenzland erhielt er 2001 den aspekte-Literaturpreis.

Fazit: „Ein weisses Land“ ist ein spannend zu lesender Abenteuerroman. Zum einen wird ein weitgehend unbekanntes Stück Weltgeschichte thematisiert, zum anderen wird ein zeitlos gültiger Opportunismus dargestellt, der letztendlich scheitert. Ein sehr lesenswerter Anti-Entwicklungsroman.

Sherko Fata
Ein weißes Land
480 Seiten
Luchterhand Literaturverlag (12. September 2011) 
ISBN-10: 3630873715
ISBN-13: 978-3630873718
EURO 21,99





Die Kulturtechnik Lesen ... aus Sicht der Gehirnforschung.

"Aus prähistorischen Knochenfunden lässt sich ableiten, dass es Sprache seit etwa 100.000 Jahren gibt. Das Festhalten von Sprache mittels grafischer Zeichen ist etwa nur 5.000 Jahre alt. ... Eine Alphabetisierung großer Teile der europäischen Bevölkerung haben wir seit etwa 200 Jahren. Dies ist - aus evolutionärer Sicht - viel zu kurz für die Entwicklung eines auf Lesen spezialisierten Gehirnteils.
Lesen ist heute noch immer ... `eine Höchstleistung neuronaler Informationsverarbeitung, für die wir, ..., etwa so gut konstruiert sind, wie ein Traktor für ein Formel-1-Rennen` ... Lesen klappt, weil es Tausende von Stunden geübt wurde ... "
Zitiert aus: Robert K. Bidmon, Zur Psychologie des Werbetextens im Dialogmarketing, 2008.

Freitag, 30. August 2013

Die Killing-Fields Europas – Bloodlands von Timothy Snyder

„Ich definiere die Bloodlands als Territorien, die zu irgendeinem Zeitpunkt zwischen 1933 und 1945 unter deutscher oder sowjetischer Armee- und Polizeigewalt standen und den damit verbundenen Massenmorden unterworfen waren.“ Der Historiker Timothy Snyder grenzt somit sein Untersuchungs- und Darstellungsgebiet auf die Ukraine, Weißrussland, Ostpolen und die baltischen Staaten ein. Diese Region war bereits vor 1939 sowjetisch oder wurde 1939 und 1940 infolge des Hitler-Stalin-Pakts von der Sowjetunion und Deutschland besetzt. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Barbarei der Sowjets von der der Deutschen abgelöst, am Ende des Krieges war das gesamte Territorium wieder im sowjetischen Machtbereich. Das war auch der geographische Raum, in welchem der Holocaust stattfand.



Snyder macht in seinem Buch deutlich, dass im gesamten Herrschaftsgebiet Deutschlands und der Sowjetunion gefoltert und gemordet wurde, aber genau hier, wo die beiden Diktaturen aufeinandertrafen, starben 14 Millionen Menschen (gemeint sind vorsätzlich getötete Zivilisten und Kriegsgefangene, nicht Soldaten, die aufgrund von Kriegshandlungen starben, oder zivile Bombenopfer) durch die akribisch organisierten Mordkampagnen der beiden Regime. In Berlin und Moskau wurden die Mordpläne entwickelt, in den Bloodlands wurden sie ausgeführt.

Detailliert schildert Snyder die Abfolge der Mordkampagnen. 1932/33 ließen die Sowjets Millionen Menschen bewusst verhungern. In Folge der Kollektivierung der Landwirtschaft kam es in der Ukraine zu Missernten und Hunger. Da nicht das System die Ursache sein konnte, suchte man Sündenböcke. Kurzum wurden die hungernden Bauern zu Saboteuren und damit zu Staatsfeinden erklärt. Snyder schildert, wie verhungernde Bauernkinder in den Städten von der Polizei eingesammelt und zum Sterben eingesperrt wurden. Auch Kannibalismus war ein verbreitetes Phänomen. In der Zeit des Großen Terrors 1937/38 waren überwiegend Angehörige der ethnischen Minderheiten, vor allem Polen und Ukrainer, die Opfer. 

Nach der Besetzung Osteuropas durch die deutsche Wehrmacht versuchten die Deutschen, den "Generalplan Ost" umzusetzen. Ziel war es, in den besetzten sowjetischen Gebieten über 30 Millionen Menschen durch Hunger zu vernichten. Da sich die Wehrmacht aus den besetzten Gebieten versorgte, wurde dieser Plan auch von der Wehrmachtsführung unterstützt. Die deutschen Eroberer behielten das System der Kolchosen aufrecht, um das Land besser ausplündern zu können. Das Getreide aus der Ukraine wurde nach Deutschland geschafft. Ganze sowjetische Städte wurden durch die Wehrmacht – nicht durch die SS - ausgehungert. Im belagerten Leningrad starben etwa eine Million Zivilisten. Zugleich ermordeten die Deutschen drei Millionen russische Kriegsgefangene – eine halbe Million durch Erschießungen, den Rest durch Hunger. 

Von den 14 Millionen Ermordeten ließ man über die Hälfte vorsätzlich verhungern. Erschießen war die am zweithäufigsten angewandte Tötungsmethode, dann folgte das Vergasen. Auch von den fast sechs Millionen Opfern des Holocaust wurden ebenso viele erschossen wie vergast. Eine erschreckende Einsicht, da man mit dem Holocaust zumeist die Gaskammern in den Vernichtungslagern assoziiert. Als diese entstanden, war der Großteil der jüdischen Bevölkerung  jedoch bereits ermordet.

Als der Blitzkrieg gegen die Sowjetunion scheiterte, suchten auch die Deutschen einen Sündenbock Und das waren entsprechend der rassistischen Ideologie die Menschen jüdischen Glaubens. Der Krieg, der an der Front verloren war, wurde nun als totaler Krieg zur Vernichtung der Juden geführt. Das war der Krieg, den die Wehrmacht, die SS und die Polizei noch zu gewinnen in der Lage waren. Der radikale Vernichtungswille der Deutschen gipfelte in den Todesfabriken der Vernichtungslager.

Snyder zeigt in Bloodlands die Gemeinsamkeiten der beiden Terrorregime auf: Unbedingter Wille zur Macht, ideologische Verblendung, gnadenlose Menschenverachtung bis hin zum vorsätzlichen Massenmord. Dabei relativiert er die monströsen deutschen Verbrechen in Osteuropa durch den Blick auf die sowjetischen Abscheulichkeiten nicht. Er zeigt jedoch, wozu Menschen in Diktaturen fähig sind. Zwei Drittel der 14 Millionen ermordeten Menschen wurden übrigens von den Deutschen umgebracht. Ein neuer Historikerstreit, wie in den 80er Jahren, um die Historisierung der nationalsozialistischen Verbrechen, wurde durch Bloodlands nicht ausgelöst. Denn Snyder beschreibt in erster Linie, wie es war. Er relativiert die Verbrechen nicht, indem er sie, wie Nolte, als Reaktion auf die Verbrechen der anderen Seite deutet. Und wenn er vergleicht, dann aus der Perspektive der Opfer. Über 100 Millionen Menschen lebten damals in den Bloodlands und erlebten Deutsche und Sowjets ... und verglichen aus ihren Erfahrungen heraus die beiden totalitären Regime.

Besonders das ungeheuerliche Leiden der Bevölkerung Polens wird ausführlich beschrieben. Polen waren bereits vor dem Krieg in der Ukraine und Weißrussland Opfer der sowjetischen Säuberungen. Dann teilten die Verbündeten Deutschland und Sowjetunion den polnischen Staat untereinander auf und brachten in ihren Herrschaftsbereichen die polnischen Eliten um. Nach dem Ghetto- und dem Warschauer Aufstand war die polnische Hauptstadt ein Trümmerfeld. Die westlichen Alliierten, die für Polen in den Krieg gezogen waren, lieferten schließlich Polen an die Sowjets aus.

Viele Bücher über die sowjetische und deutsche Diktatur sind bereits geschrieben worden. Doch so nachvollziehbar und bewegend habe ich noch in keiner Darstellung gelesen, wodurch es in Polen, Weißrussland und der Ukraine in den 30er und 40er Jahren zu diesen Gewaltexzessen kam und wie der Massenmord ablief. Snyder beschreibt dabei nicht nur das Gesamtgeschehen, sondern stellt hinter der Mordstatistik die schrecklichen Details dar, indem er immer wieder aus Quellen, wie Tagebüchern und Briefen, einzelne Menschen zu Wort kommen lässt. Aus Statistiken werden Menschen. So wird das Grauen nicht fass- aber greifbar.

Auch hat Snyder keine Scheu, Themen aufzugreifen, die heute noch tabuisiert sind. Er beschreibt, wie nach Kriegsende deutsche Zivilisten Opfer von Gewalt und Vertreibung wurden. Die umfangreiche Teilnahme der Bevölkerung der besetzten Gebiete am Holocaust wird ebenso nicht verschwiegen.

Der Untertitel von Bloodlands lautet „Europa zwischen Hitler und Stalin“. Ich habe bisher bewusst auf die Nennung dieser beiden Namen verzichtet. Hitler und Stalin waren für ihre Systeme prägend, aber ohne die aktive Teilnahme von Hunderttausenden und dem Wegschauen und der Billigung von Millionen hätten die beiden Diktatoren keinen Massenmord initiieren können. Auch das macht Snyder, der 2012 zusammen mit Ian Kershaw den Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung bekommen hat, deutlich.

Ein lesenswertes Buch, für jeden, der wissen will, zu was Menschen fähig waren und sind.

Timothy Snyder
Bloodlands
528 Seiten
Deutscher Taschenbuch Verlag (1. März 2013)
ISBN-10: 3423347562
ISBN-13: 978-3423347563
EURO 14,90





Mittwoch, 14. August 2013

Forbes veröffentlicht Liste der bestverdienenden Autoren

Über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten, und über schlechten Geschmack sollte man kein Wort verlieren.

Dennoch halte ich folgendes für erwähnenswert: ... laut Forbes hat E.L. James mit ihrer Erotik-Trilogie „Fifty Shades of Grey“ geschätzte 95 Millionen Dollar verdient und führt damit die Liste der Topverdiener unter den Schriftstellern an.

Quelle: Forbes

Die Selfpublishing-Plattform BookRix kooperiert mit dem Multimediaanbieter Getty Images

Eine Million neue Buchcover für Self-Publishing Autoren

BookRix und Getty Images bieten Autoren ab sofort gemeinsamen Service an.

Die Self-Publishing Plattform BookRix und der Media-Produkte-Anbieter Getty Images bieten Autoren, die ihre eBooks über BookRix veröffentlichen, eine Vielzahl von Bildern an, mit denen professionelle eBook-Cover erstellt werden können.

Die Bilddatenbank von Getty Images wurde in den BookRix-Buchcover-Editor mit der API-Schnittstelle Connect API eingebunden. Über eine Millionen Dateien sind dort nun zu finden. Die Verschlagwortung der Motive ermöglicht eine präzise Suche nach dem gewünschten Bildmaterial. Ist das passende Bild gefunden, integriert der Editor es automatisch in das Buchcover.

Im nächsten Schritt wird der Buchcover-Editor von BookRix noch um einige Funktionen erweitert. „Die Zusammenarbeit mit Getty Images ermöglicht es, unseren Cover-Editor so weiter zu entwickeln, dass unsere Kunden zukünftig mit nur wenigen Klicks ein preiswertes, professionelles und kommerziell nutzbares Buchcover erstellen können“ berichtet Nils Oppermann, Marketingleiter von BookRix.



Quelle: Pressemitteilung BookRix vom 14.8.13 per eMail

Samstag, 27. Juli 2013

1913 – eine kleine Kulturgeschichte im Plauderton.

1913 war das Jahr, in welchem der junge Hitler durch den Schlosspark von Schönbrunn streifte und dabei (vielleicht) auf Stalin traf, während Erzherzog Ferdinand  sich im Schloss  nebenan seiner Modeleisenbahn widmete. Viel mehr politisches Personal lässt  Florian Illies in seinem Buch über das Jahr 1913 nicht auftreten. Die Schilderung der Zabern-Affäre und des Spionagefalls um Oberst Redl sind die wesentlichen politisch-historischen Teile des Buchs.

Der Autor, ein gelernter Kunsthistoriker und Feuilletonchef renommierter Zeitungen, legt mit deutlicher Sachkenntnis eine Kulturgeschichte des Jahres 1913 vor. Dabei geht es allerdings nicht um Kunsttheorie und die ganz großen Würfe der entstehenden Moderne in Musik,  Malerei und Literatur. En passant, im Plauderton lernen wir  die privaten Menschen hinter der Kunst  kennen.
Kafka, Jung, Kraus, Trakl, Schönberg, Kirchner, Kokoschka, Werfel, Mahler, Benn, Freud, Schnitzler, Mann und, und, und … alle, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts kulturschöpfend  und –prägend waren. Illies zitiert immer wieder aus Briefen und Tagebüchern  und gewährt so erstaunliche Einblicke in das Privat- und Gefühlsleben dieser Menschen. Zahlreiche witzige Anekdoten amüsieren den Leser.



Dieser Bilderbogen des Jahres 1913 mag wissenschaftlich keine neuen  Erkenntnisse liefern über die junge Moderne. Das legen schon die zahlreichen Monographien, die in der umfangreichen   Auswahlbibliographie am Ende des Werkes genannt werden, nahe.  Auch wäre es zu schlicht gedacht, in der Nachbetrachtung dem Jahr 1913, als dem Vorjahr vor der ersten großen Katastrophe des 20. Jahrhunderts, irgendeine höhere Bedeutung zuzuschreiben.
Für mich war 1913 eine  interessante und unterhaltsame Lektüre, die mir sowohl ein Zeitalter als auch Kunstströmungen wie Die Brücke oder Der blaue Reiter auf kurzweilige und spannende Art und Weise näher gebracht hat.

Fazit: empfehlenswert!

Illies, Florian
1913
Der Sommer des Jahrhunderts
S. Fischer Verlag, 2012
320 Seiten
ISBN-10: 3100368010
ISBN-13: 978-3100368010
19,99 EURO

Donnerstag, 25. Juli 2013

Selfpublishing: Viele Fragen, interessante Antworten ...

 Unter dem Titel "Aktuelle Studie zum Thema Selfpublishing" wurde auf "Bücher und eBooks" am 28.6.13 über eine aktuelle Umfrage bei Selfpublishern, d.h. bei den Autoren, berichtet.

In einem zweiten Schritt wurden nun Dienstleister im Bereich Selfpublishing befragt.

Neobooks, ePubli, BoD, Tredition, Xinxii, Beam, Feiyr, Mein-Bestseller und Monsenstein & Vannerdat standen Rede und Antwort zu zahlreichen Themen,  wie Dominanz von Amazon, Selfpublishing in Deutschland, Professionalisierung von Indieautoren, Honorarmodelle, eBook-Müll, Reaktion der Verlagswelt, Digital Rights Management u.v.m.

Die Umfrage ist in vier Teile gegliedert und wurde von buchreport.de und Die Self-Publisher-Bibel durchgeführt und auf deren Internetseiten veröffentlicht:

Teil 1

Teil 2

Teil 3


Teil 4
   


Sonntag, 21. Juli 2013

Ein wahrer Held. Eine Kurzgeschichte.

Walter lebt in einer schlichten Wohnung im Berliner Bezirk Prenzlauer Berg. Er ist arbeitslos, schon seit 5 Jahren, und alleine, denn seine Familie hat ihn verlassen.

Eines Tages, auf dem Weg zum Arbeitsamt, muss er miterleben, wie eine Frau auf offener Straße verprügelt wird. Keiner der Passanten schreitet ein, alle gaffen nur. Walter will helfen, zögert, hat Angst. Dann löst er die Situation auf eine überraschend skurrile Art und Weise ...

Diese Kurzgeschichte um das Thema Zivilcourage umfasst 19 Seiten und wurde am 20.7.13 auf BookRix veröffentlicht. Die interessante  Handlung und die erstaunliche Wende am Schluss lassen über die formalen Schwächen, wie z.B. Tippfehler, hinwegsehen.

Gratis lesen bei BookRix: Ein wahrer Held.

Ralf von der Brelie
Ein wahrer Held
19 Seiten
BookRix 2013
gratis eBook

Dienstag, 16. Juli 2013

Sedwyla: Wer kennt dieses Städtchen nicht ?

"An einem unfreundlichen Novembertage wanderte ein armes Schneiderlein auf der Landstraße nach Goldach, einer kleinen reichen Stadt, die nur wenige Stunden von Seldwyla entfernt ist. Der Schneider trug in seiner Tasche nichts als einen Fingerhut, welchen er, in Ermangelung irgendeiner Münze, unablässig zwischen den Fingern drehte, wenn er der Kälte wegen die Hände in die Hosen steckte, und die Finger schmerzten ihm ordentlich von diesem Drehen und Reiben. Denn er hatte wegen des Fallimentes irgendeines Seldwyler Schneidermeisters seinen Arbeitslohn mit der Arbeit zugleich verlieren und auswandern müssen. Er hatte noch nichts gefrühstückt als einige Schneeflocken, die ihm in den Mund geflogen, und er sah noch weniger ab, wo das geringste Mittagbrot herwachsen sollte. Das Fechten fiel ihm äußerst schwer, ja schien ihm gänzlich unmöglich, weil er über seinem schwarzen Sonntagskleide, welches sein einziges war, einen weiten dunkelgrauen Radmantel trug, mit schwarzem Sammet ausgeschlagen, der seinem Träger ein edles und romantisches Aussehen verlieh, zumal dessen lange schwarze Haare und Schnurrbärtchen sorgfältig gepflegt waren und er sich blasser, aber regelmäßiger Gesichtszüge erfreute." Quelle: Gottfried Keller: Kleider machen Leute im Projekt Gutenberg

Der große Erzähler Gottfried Keller starb heute vor 123 Jahren.

Sonntag, 14. Juli 2013

Hartz 5 - Ein Hartz IV-Roman

So einen Hartz IV-Roman gab es noch nie. Hier lernt man nicht nur die kafkaesk anmutenden und teilweise entwürdigenden Bedingungen kennen, denen Hartz IV-Bezieher unterworfen sind. Hier gibt es auch die Erwerbsloseninitiative „Hartz 5“, deren Mitglieder die Jobcenterbürokratie mit unkonventionellen Methoden und anarchischem Witz aufmischen.



Ein informativer, authentischer und unterhaltsamer Roman über eines der großen sozialen Probleme unserer Zeit – und ein diebisches Lesevergnügen. Der 1955 geborene Autor ist Journalist (Schwerpunkt Sozialpolitik) und Mitarbeiter einer Erwerbslosengruppe. Viele der geschilderten Situationen haben sich so oder ähnlich tatsächlich zugetragen.


Printausgabe
Peter Hetzler: Hartz 5 – Ein Hartz IV-Roman
153 Seiten, Paperback, 9,90 Euro
ISBN 978-3-7322-3790-6
Books on Demand

eBook
Peter Hetzler: Hartz 5 – Ein Hartz IV-Roman
5,49 Euro, ISBN 9783848282784
Quelle: Pressemitteilung des Autors per eMail vom 2.713

Samstag, 6. Juli 2013

AWA 2013: Allensbach hat gefragt ... 26.000 haben geantwortet.

Seit 1959 erscheint jährlich die Allensbacher Markt- und Werbeträgeranalyse (AWA). Die Studie befasst sich mit Einstellungen, Konsumgewohnheiten und Mediennutzung der Bevölkerung. Insgesamt wurden rund 26.000 mündlich-persönliche Interviews mit einem repräsentativen Querschnitt der Bevölkerung ab 14 Jahre durchgeführt.

Die Ergebnisse zum Thema Buch und Buchmarkt (Auszug aus dem Kapitel Kultur, Bücher, Sprachen) im Überblick:

66,9% der Befragten lesen längere Texte lieber auf Papier

37,9% sind Vielleser, d.h. lesen täglich bis mehrmals die Woche

59,1% haben in den letzten 12 Monaten mindestens ein Buch gekauft

6 % haben in den letzten 12 Monaten ein eBook gekauft

5,2% besitzen einen eReader, 3,5% wollen einen kaufen

Freitag, 5. Juli 2013

Offen, ehrlich und schonungslos: "1948" von Yoram Kaniuk

Einer der erfolgreichsten israelischen Autoren, Yoram Kaniuk (gestorben am 8.Juni 2013), hat mehr als sechzig Jahre nach Ende des israelischen Unabhängigkeitskrieg von 1948 seine Kriegserinnerungen zu Papier gebracht. Der bereits schwerkranke Yoram Kaniuk versuchte erfolgreich nach einer Nahtoderfahrung, die Gefühlswelt des unbedarften Siebzehnjährigen wieder entstehen zu lassen.



Yoram Kaniuk schloss sich 1948 dem paramilitärischen Palmach an, um Holocaustüberlebenden zu helfen, an Land zu kommen. Nicht ungefährlich, denn die britische Mandatsregierung wollte die jüdische Einwanderung - auch mit Waffengewalt - verhindern. Einige radikale jüdische Splittergruppen lieferten sich sogar einen blutigen Guerillakrieg mit der britischen Mandatsmacht.

Am 14. Mai 1948 lief das britische Mandat aus, und Ben Gurion erklärte die Unabhängigkeit Israels. Noch in der Nacht vom 14. Auf den 15. Mai fielen die Armeen der arabischen Nachbarstaaten Ägypten, Transjordanien, Syrien, Libanon und Irak über der neuen israelischen Staat her.

Und plötzlich war der Siebzehnjährige, dem das politische Bewusstsein für die Bedeutung der Staatsgründung allerdings völlig fehlte, Soldat: "Wir waren wie Kinder, geradezu unverschämt jung, hatten uns freiwillig gemeldet. Einfaltspinsel waren wir, Partisanen."

In der Nachbetrachtung nennt der Autor diesen Krieg einen "Kinderkreuzzug". Junge Männer, direkt von der Schulbank kommend, fast noch Kinder, die miserabel bewaffnet und ausgebildet waren, lieferten sich plötzlich Gefechte mit arabischen Armeen und Milizen. Schonungslos offenbart Yoram Kaniuk die von beiden Seiten verübten Gräueltaten.

Der Palmach zahlte einen hohen Blutzoll. Kampfunerfahrene Kommandeure ließen sich auf blutige, sinnlose Gemetzel ein. Besonders beeindruckend empfand ich die Beschreibung der Eroberung einer arabischen Stadt und der anschließenden Vertreibung der arabischen Bevölkerung, die bereits der Siebzehnjährige als Unrecht empfand. Dann übernahmen Holcaustüberlebende aus Europa die Stadt. Ganz selbstverständlich, ohne Skrupel besetzten sie das fremde Eigentum. Nach Deportation und Konzentrationslager sahen sie dies als eine Art Entschädigung für ihr Leiden. Der Siebzehnjährige ist in seinem Werturteil genauso ambivalent wie der Leser.

Der Krieg wird immer aus der Perspektive des Kämpfenden erzählt. Schonungslos offen wird dem Leser nichts erspart. Verstümmelte Leichen, abgestumpfte Kindersoldaten … es gibt keine heroischen Verklärungen. Der Autor benennt auch deutlich das Unrecht, das den arabischen Einwohnern zugefügt wurde. Mit seinen Kriegserinnerungen stellt sich der Autor offensiv gegen den Gründungsmythos des Staates Israel.

Ein schonungsloses Buch, das hilft, den Nahostkonflikt besser zu verstehen. Eine Lektüre, die ich nur empfehlen kann.


Kaniuk, Yoram
1948
Aufbau Verlag 2013
248 Seiten
ISBN 978-3-351-03523-5
19,99 €

Freitag, 28. Juni 2013

Aktuelle Studie zum Thema Selfpublishing

Vom 22. Mai bis zum 16. Juni 2013 wurde per Online-Tool eine Umfrage bei Selfpublishern durchgeführt. Die 50 Fragen wurden von Hilke-Gesa Bußmann (Goethe-Universität Frankfurt) und Matthias Matting (Focus-Journalist und Blogger selfpublisherbibel.de) entwickelt.

BoD, Bookrix, epubli, Neobooks und Xinxii unterstützten die Umfrage, indem sie den Link per Newsletter und über Social-Media-Kanäle publizierten. 508 vollständig ausgefüllte Fragebögen und 296 unvollständige konnten ausgewertet werden. Matting schätzt, dass sich in Deutschland etwa 70.000 Menschen mit dem Thema Selfpublishing beschäftigen, so dass die Studie mit einem Anteil von 0,7 % an dieser Gesamtzahl einen repräsentativen Querschnitt bietet.

Die Ergebnisse im Überblick:

Einnahmen von Selfpublishern: 50% der Befragten gaben an, monatlich nicht mehr als 50 Euro einzunehmen. Der Verfasser der Studie errechnet durchschnittliche Monatseinnahmen deutscher Selfpublisher in Höhe von 312 Euro.

Print vs. eBook: 90% veröffentlichen eBooks. 60% der Antwortenden haben auch oder nur gedruckte Bücher publiziert.

Die Motivation der Selfpublisher: Knapp 50% wollen Geld verdienen. Danach werden die Motive Hobby sowie das Streben nach Selbstverwirklichung und Bekanntheit genannt.

Verlag vs. Selfpublishing: Über 40% der Teilnehmer haben auch bereits bei einem Verlag veröffentlicht.

eBook-Anbieter bzw. Plattformen: Amazons KDP-System führt, 63,98% der Umfrageteilnehmer stellen hier ihre eBooks ein.

Genutzte Distributoren: Marktführer ist Neobooks (29,13%), gefolgt von Xinxii, epubli und Bookrix (jeweils um die 13%).

Print on Demand: Amazons CreateSpace-Service liegt mit einem Anteil von über 32% deutlich an der Spitze.

Vermarktungsaktivitäten: Im Mittelpunkt (bei rd. 73% der Befragten) stehen die Sozialen Netzwerke im Internet. Dabei führt Facebook, d.h. rd. 80% der Nutzer Sozialer Netzwerke sind bei facebook aktiv. Über 50% der Autoren bloggen.

Selfpublisher sind Vielleser: 41% der Befragten gaben an, 2 bis 3 Bücher im Monat zu lesen, bei 33% waren es mehr als 4.

Auch bei den Lesegeräten führt Amazon mit 46%, gefolgt vom PC, den 41% der Befragten nutzen. Der Tolino erreicht nicht einmal 1%.

Der durchschnittliche Selfpublisher bzw. Teilnehmer der Umfrage ist mehrheitlich weiblich, 36 bis 55 Jahre alt, lebt in einem Zwei-Personen-Haushalt, verdient 3000 EURO netto oder weniger im Monat und hat ein abgeschlossenes Studium.

Quelle: Matthias Mattings Blog - Die große Self-Publishing-Studie für Deutschland: alle Daten jetzt verfügbar