Sonntag, 30. Dezember 2012

Der Anteil der eBook-Leser steigt in den USA weiter ...

Das amerikanische Meinungsforschungsinstitut Pew Research Center hat im Oktober 2012 über 2000  US-Bürger im Alter über 16 Jahren befragt und nun zum Jahresende eine Studie zum Thema eBook und Leseverhalten in den USA veröffentlicht.

Nachfolgend die wichtigsten Ergebnisse im Überblick:

  • Der Anteil derjenigen, die mindestens ein eBook im Jahr gelesen haben, ist von 2011 von 21% auf 30% im Jahr 2012 gestiegen. Die größten Zuwächse gibt es in den Altersgruppen 16/17 und 30 bis 49 Jahre.
  • Im gleichen Zeitraum stieg der Anteil von Besitzern von Tablet Computern und eReadern, wie Kindle oder Nook, von 18% auf 33%.
  • Der typische eBook-Leser ist 30 bis 49 Jahre alt, wohnt in einer Stadt, hat einen höheren Bildungsabschluss und verfügt über ein Haushaltseinkommen von 75.000 Dollar und mehr im Jahr. Daran hat sich im Vergleich von 2011 zu 2012 nichts geändert.
  • Die Zahl der Lesenden geht zurück: Hatten 2011 noch 78% der Befragten angegeben, mindestens ein Buch in Print-, Audio- oder eBook-Form gelesen bzw. gehört zu haben, waren es 2012 nur noch 75%.

Samstag, 29. Dezember 2012

Ein Tipp, um die guten Vorsätze für 2013 umzusetzen ...

Wie sieht es aus mit den guten Vorsätzen für 2013? Die Welt ist am 21.12. nicht unter gegangen, da kann man sich doch ruhig mal etwas vornehmen. Wie wäre es mit besserer Ernährung, die gut schmeckt und hilft ein paar der Weihnachtspfunde zu verlieren? Dafür empfehlen wir unser kurz vor Weihnachten erschienenes, brandneues enhanced eBook „Alles grün. Vegetarische Rezepte aus aller Welt“.

Inhalt:
Das eBook "Alles Grün. Vegetarische Rezepte aus aller Welt" enthält viele neue Rezeptideen für köstliche Gerichte der vegetarischen Küche. In den Kapiteln Go green!, Little Italy, Orient Express, Running Veggie und Ach So, ja! finden Anfänger und Fortgeschrittene neue Ideen und Anregungen zu köstlichen vegetarischen Gerichten. Die multimediale Aufbereitung mit Clips und Videos inspiriert. Die Rezeptvideos ermöglichen auch weniger geübten Hobbyköchen ein erfolgreiches Nachkochen der vielfältigen Rezepte. Überhaupt gibt es in Alles Grün viel zu entdecken und zu erleben. Es macht einfach Spaß, sich durch die Seiten zu blättern. Das macht nicht nur Lust darauf, die Rezepte auszuprobieren, sondern liefert gleich die Basis für eine gesündere, nachhaltigere Ernährung und ein besseres Lebensgefühl. Frei von Ideologie richtet sich das eBook sowohl an Vegetarier wie auch an Hobbyköche, die vegetarische Rezepte einmal ausprobieren wollen oder nur gelegentlich vegetarisch kochen. Setzen Sie Ihre guten Vorsätze 2013 um und leben Sie als (Teilzeit)vegetarier gesünder und nachhaltiger – einfach besser.

Autoren:
Petra Koch ist Kochbuch-Redakteurin. In ihrer Versuchsküche hat sie bereits tausende von Rezepten getestet und entwickelt. Sie schreibt für viele namhafte Verlage und lebt in der Nähe von München. Ihr Partner David Link ist seit  Jahren in der Verlagswelt zu Hause und entwickelt Medienkonzepte für Industrie und Verlage. Seine Leidenschaft gehört dem guten Essen und seiner Kochbuchsammlung. Er wohnt im Chiemgau. Für die Reihe Erlebnis Kochen schreiben sie unter einem Pseudonym.

Die Reihe Erlebnis Kochen:
In der Reihe Erlebnis Kochen entstehen hochwertige enhanced eBooks für iPad und iPad mini. Die Rezepte, Foodfotos und Kochvideos und als besonderes Extra Stop-Motion-Clips (animierte Bilder) werden speziell für diese multimedialen eBooks produziert und designed. Die ausgesuchten Rezepte zeichnen sich durch Vielfalt, ausführliche Zusatzinformationen und leichte Nachvollziehbarkeit aus. Alle Rezepte wurden im hauseigenen Studio erprobt und produziert. In der Reihe erschienen ist bereits der Titel Zimt & Stern. Traumhafte Weihnachtsplätzchen“, weitere Titel sind in Vorbereitung.

Der Verlag icook2day:
icook2day ist die Verlagsmarke von CulinartMedia für hochqualitative Medienprodukte rund um die Themen  Kochen, Essen & Genuss. Dazu gehören eBooks, Apps und Corporate-Publishing-Produkte. CulinartMedia ist ein Full-Service-Verlag für Corporate Publishing, der auf hochwertige Print- und Online-Medien im Bereich Food spezialisiert ist.

Hier geht es zum eBook auf iTunes ...

Petra Koch, David Link
Alles Grün . Vegetarische Rezepte aus aller Welt
Enhanced eBook für iPad
icook2day Dezember 2012
ISBN: 978-3-943848-20-5 
€ 4,99
 
Quelle: Pressemitteilung CulinartMedia, CulinArts Holding GmbH vom 27. Dezember 2012

Freitag, 28. Dezember 2012

Ken Follett: Winter der Welt - eine faszinierende Lektüre.

Nach „Sturz der Titanen“ hat Ken Follett nun den zweiten Teil seiner Saga über das 20. Jahrhundert vorgelegt. Gleich zu Anfang meine grundlegende Einschätzung: Ich habe die 1024 Seiten verschlungen, und es hätten noch 1000 Seiten mehr sein können ... So spannend und faszinierend waren die vielfältigen Handlungsstränge, so lebendig die zahlreichen Protagonisten.



Das Buch beginnt mit der Machtergreifung der Nazis 1933 und endet mit der Luftbrücke nach Berlin 1949. Das gesamte Personal aus „Sturz der Titanen“ begegnet dem Leser wieder: Ethel Williams (Leckwith), Maud Fitzgerald (von Ulrich), Gus Dewar und Grigori Peshkov. Sie spielen noch wichtige (Neben)Rollen, aber im Mittelpunkt stehen deren Kinder: Carla von Ulrich, Daisy Peshkov, Wolodja Peshkov, Greg Peshkov, Lloyd Williams, Chuck Deware und Woody Dewar. Die Orte der Handlung sind Deutschland, Spanien, Amerika, Großbritannien und die Sowjetunion.

„Winter der Welt“ ist nicht nur ein historischer Roman, sondern auch ein Entwicklungsroman: Die jungen Protagonisten versuchen, ihren Platz in einer Welt, die sich im grundlegenden Wandel befindet, zu finden. Vor dem Hintergrund des Zeitalters der totalitären Diktaturen und des Zweiten Weltkrieges suchen sie nach dem für sie richtigen Weg und nach ihrem persönlichen Liebesglück. Sie reflektieren eindringlich die politischen Zeitumstände und kämpfen aktiv gegen den sich in Europa ausbreitenden Faschismus. Dabei  unterliegen sie Fehleinschätzungen und korrigieren sich dann wieder.

Besonders beeindruckt hat mich der Werdegang von Daisy Peshkov, die sich vom oberflächlichen Partygirl, das anfänglich nur ein Ziel hat, nämlich den gesellschaftlichen Aufstieg, zu einer politisch und sozial engagierten Frau entwickelt. Ken Follett lässt uns an ihren Selbstreflektionen teilhaben (wie auch bei den anderen Personen) und macht somit Motivationen und Entwicklungen sichtbar. Ähnlich spannend ist die Geschichte ihres russischen Cousins Wolodja Peshkow, der zur sowjetischen Machtelite gehört, aber bald erkennt, dass es hinsichtlich der Brutalität des Terrors keinen Unterschied zwischen Faschismus und Kommunismus gibt. Innerlich zerrissen, erfüllt er das, was er für seine Pflicht gegenüber seinem Vaterland hält.

Die Protagonisten kommen auch direkt mit den Zentren der Macht in Berührung. Ken Follett gelingt es dabei, Geschichte hautnah aus der Perspektive zeitgenössischer Augenzeugen zu inszenieren. Zwei Beispiele: William Loyd wird Zeuge von Hitlers Hassrede im brennenden Reichstag, Wolodja Peshkow begleitet seinen Vater zu Stalin, der sich nach dem deutschen Überfall mit einem Nervenzusammenbruch in seine Datscha zurückgezogen hatte. Das sind eindrucksvolle historische Momentaufnahmen, die der Autor auf diese Weise gekonnt erlebbar macht. Aber auch das alltägliche Leid der Menschen im Krieg wird thematisiert: seien es die deutschen Luftangriffe auf London, der japanische Angriff auf Pearl Harbor oder das barbarische Verhalten der sowjetischen Eroberer in Berlin. Ken Follett schildert alles aus der Perspektive derer, die dabei waren. Und zwar derart realistisch und emotional eindringlich, als wäre er selbst Augenzeuge der Geschehnisse gewesen.

Es werden aber nicht nur die "Haupt- und Staatsaktionen"  beschrieben, sondern auch weniger bekannte historische Details, wie die faschistische Bewegung Mosleys in Großbritannien, die unrühmliche Rolle der Kommunisten im spanischen Bürgerkrieg, die Ermordung von Behinderten durch die Nazis in der Aktion T4, die Ursprünge der UNO oder der Wahlsieg der Labour Party über Churchill. "Winter der Welt" ist aber kein trockenes Geschichtsbuch, sondern ein lebendiges Geschichtsvermittlungsbuch.

Ken Follett, der mit dem Spionage-Thriller „Die Nadel“ den literarischen Durchbruch geschafft hat, hat in „Winter der Welt“ auch eine ausführliche Spionagehandlung eingeflochten. Wolodja Peshkov, Offizier beim sowjetischen Auslandsgeheimdienst, ist hier im Zentrum der Handlung. Er steuert einen Spionagering während des 2. Weltkriegs in Deutschland und verhilft nach 1945 Stalin zur sowjetischen Atombombe.

Die historischen Zusammenhänge sind gut recherchiert und stimmen: Während der Arbeit zu seinem Roman hat er einzelne historische Schauplätze besucht, sein inzwischen 22-köpfiger Mitarbeiterstab hat für ihn Fakten gesammelt und ausgewertet.

Trotz der zahlreichen Schauplätze und Protagonisten verliert man als Leser nie den Überblick, denn Ken Follett ist ein grandioser Meister der nachvollziehbaren Konstruktion. Er ist aber vor allem ein Schriftsteller, dem es gelungen ist, vor einem sehr ernsten Hintergrund einen ebenso seriösen wie unterhaltenden Roman geschrieben zu haben. Ich freue mich bereits auf den dritten Teil der Jahrhundertsaga.

Ken Follett
Winter der Welt
Bastei Lübbe 2012
1024 Seiten
ISBN-10: 3785724659
ISBN-13: 978-3785724651
29.99 Euro

Weitlings Sommerfrische von Sten Nadolny – 42, 58, 10 … ich passe.

1942 wird Wilhelm Weitling geboren. 1958 hat der sechszehnjährige Wilhelm Weitling einen Segelunfall am Chiemsee, den er nur knapp überlebt. 2007 geht der Richter Wilhelm Weitling in den Ruhestand. 2010 verbringt er wieder einmal den Sommer am Chiemsee und hat erneut einen lebensgefährlichen Bootsunfall. Er wird zurückkatapultiert in das Jahr 1958 und sieht zu, wie man sein 16-jähriges Pendant aus dem Wasser zieht. Dann verfolgt der 68-jährige das Tun seines jüngeren Ich und reflektiert die verpassten Chancen seines Lebens.


Kommt Ihnen bekannt vor? Mir auch: Charles Dickens’ Weihnachtsgeschichte. Nur ist diese viel, viel spannender …

In den ersten zwei Kapiteln quäle ich mich durch Detailwissen zum Thema Segeln, aber ich bleibe dran, weil ich den Zeitsprung erwarte. Der innere Dialog eines Richters a.D., der auf ein erfülltes, aber langweiliges Leben zurückblickt, ist nicht sehr ergiebig. Leider ist auch der 16-jährige Willy am Ende genauso langweilig wie der 68-jährige Dr. Wilhelm Weitling.

Monatelang beobachtet der Richter a.D. sich selbst als Jüngling, der noch alle Optionen hat, die das Leben bietet. Detailliert wird der Leser über Lektüre- und Schulerlebnisse, Spaziergänge, Schwärmereien etc. unterrichtet. Als Weitling in die Gegenwart zurückkehrt, hat diese sich geändert: Er ist Schriftsteller geworden und hat eine Tochter. Aber das erfahren nur die Leser, die bis zum Ende durchhalten … Sind das viele?

Der Autor, Sten Nadolny, ist selbst ist ein schreibender Geschichtslehrer und Jahrgang 1942. Auch ähnelt sein Elternhaus demjenigen Weitlings. Hat er hier etwa eine Autobiographie abgeliefert?

Ein über verpasste Chancen reflektierender pensionierter Beamter, eine normal langweilige Jugend in den 50er Jahren im Detail geschildert, ein paar philosophische Überlegungen zum Thema Gott, bildungsbürgerliche Exkurse zu politischen und literarischen Zeitthemen … das war´s dann auch schon. Der Schreibstil ist handwerklich perfekt, der Roman ist flüssig geschrieben und gut zu lesen. Nur der Inhalt ist wenig interessant und schon gar nicht spannend.

Fazit: Eine Lektüre, die man sich sparen kann.

Nadolny, Sten
Weitlings Sommerfrische
Piper Verlag, München 2012
221 Seiten
ISBN: 978-3-492-0450-8
16.99 €


Donnerstag, 27. Dezember 2012

Preview Tristan von Paul Sandmann

In 2 Wochen wird "Tristan" von Paul Sandmann bei Amazon, Apple iBooks etc. veröffentlicht!

Auf "Buch und eBook"  gibt es schon mal eine 8 Minuten Audio-Vorpremiere:



Tristan - Paul Sandmann 
(gelesen von Leunam Remeark) 
(Quelle: YouTube)


Mittwoch, 26. Dezember 2012

Kindle Gratis-Tage - bis 6.1.13 jeden Tag ein kostenloses eBook

Bis zum 6.1.2013 gibt es im Kindle-Shop bei Amazon jeden Tag ein Buch geschenkt. Dieses Angebot beginnt jeweils um Mitternacht und endet um 23.59 Uhr desselben Tages. Der jeweilige Titel wird immer tagesaktuell bekannt gegeben, so dass Amazon mit dieser Aktion sicherlich einigen Traffic für seinen shop generieren wird.

Heute steht "Zwei an einem Tag" von David Nicholls zum Gratis-Download zur Verfügung.

Dienstag, 25. Dezember 2012

Franka Potente und Japan: Zehn - ein Buch der leisen Töne.

Wie kommt es, dass Franka Potente ausgerechnet eine Sammlung von Kurzgeschichten vorlegt, die alle in Japan spielen?



Franka Potente war 2005 für den Dokumentarfilm "Underground Art" nach Tokio gereist und besucht das Land seither immer wieder. Die fremde Kultur, der Traditionalismus dieser hypermodernen Industriegesellschaft und die für einen Europäer nur schwer verständliche Mentalität der Japaner scheinen sie zu faszinieren.

Ihr Buch ist ein besinnliches Buch. Ich habe Zehn als Audiobook gehört, von der Autorin selbst gelesen, so dass der Grundtenor unverfälscht bleibt.

Die Geschichten sind oft traurig und melancholisch. In der ersten Geschichte geht es um Frau Michi, die sich mit ihrem kleinen Laden für traditionelle Fächer kaum über Wasser halten kann. Sie kommt in vorsichtigen Kontakt mit Herrn Schreiber, der ganz anders als die meisten Europäer. Er schlägt leise Töne an und befolgt die in Japan üblichen Höflichkeitsregeln, die uns so übertrieben und fremd erscheinen.




Dann erzählt Franka Potente von der jungen, hübschen Miyu, die in grotesken Verkleidungen, z.B. als Rotkäppchen, in einem Lokal arbeitet, in dem sich Männer nach der Arbeit amüsieren. Abends jobbt sie als Tänzerin in einem Stripteaseclub. Als Polizistin verkleidet lernt sie eines Tages einen netten jungen Mann kennen, der Polizist ist.

In einer anderen Geschichte geht es um eine junge, völlig überforderte Mutter. Sie hatte sich ihr Leben anders vorgestellt. Ihr Mann ist nicht sehr nett zu ihr, es gibt keine Liebe in ihrer Ehe. Das Kind nennt sie Monster, da es immer nur schreit, mit allem um sich wirft, was es greifen kann. Sie schaut zu, wie es auf den Balkon läuft und über das Balkongeländer klettern will.

Die Geschichten sind ebenso schnörkellos wie Franka Potentes Vortragsstil. Der auktoriale Erzähler lässt uns tiefen Einblick in die Gedankenwelt seiner Figuren nehmen. Als Hörer verstehe ich die Motivation und die Gemütslagen der Protagonisten, nichts bleibt mir verborgen. Obwohl es um das ganz normale Leben von ganz gewöhnlichen Menschen geht, sind die Geschichten interessant und berührend. Ob Franka Potentes Japan-Erfahrung ausreicht, um ein authentisches Bild der japanischen Menschen zu zeichnen, vermag ich allerdings nicht zu sagen. Interessieren würde mich, was ein Japaner von diesem Buch hält.

Franka Potente selbst sagte dazu in einem Interview: „Ich war zweimal in Tokyo und einmal in Kyoto. Unter anderem habe ich dort auch bei Japanern gewohnt und mir deren Japan quasi von innen zeigen lassen. Der Rest ist ganz einfach Recherche.“


Potente, Franka
Zehn: Stories (Ungekürzte Lesung)
Audio CD
Osterwoldaudio 2010
239 Minuten
ISBN-10: 3869520477
ISBN-13: 978-3869520476
EURO 19,95

Montag, 24. Dezember 2012

Heinrich Heine ... Dezember 1846 ... Weihnachten ...

Gratis Kindle eBook
"Die Verhaftsbefehle, die von der deutschen Grenze an auf jeder Station die Heimkehr des Dichters mit Sehnsucht erwarten, werden gehörig renoviert jedes Jahr, um die heilige Weihnachtzeit, wenn an den Christbäumen die gemüthlichen Lämpchen funkeln. Wegen solcher Unsicherheit der Wege wird mir das Reisen in den deutschen Gauen schier verleidet, ich feiere desshalb meine Weihnachten in der Fremde, und werde auch in der Fremde, im Exil, meine Tage beschließen. Die wackern Kämpen für Licht und Wahrheit, die mich der Wankelmüthigkeit und des Knechtsinns beschuldigten, gehen unterdessen im Vaterlands sehr sicher umher, als wohlbestallte Staatsdiener, oder als Würdenträger einer Gilde, oder als Stammgäste eines Klubbs, wo sie sich des Abends patriotisch erquicken am Rebensafte des Vater Rhein und an meerumschlungenen schleswig-holstein'schen Austern."

Aus der Vorrede zum "Atta Troll" geschrieben zu Paris, im Dezember 1846. Quelle: Projekt Gutenberg

Meinungsfreiheit? In keinem Land, zu keiner Zeit ist dieses Grundrecht selbstverständlich!

Allen meinen Lesern angenehme Feiertage!

Harald Faißt





Freitag, 21. Dezember 2012

Sightseeing ganz anders – Skidoo von Alexander Capus

„Schweigend drängten sie sich an Deputy Sheriff Sellers vorbei, schlugen die Tür ein und holten Hootch Simpson heraus. Der Deputy beteuerte später, die Männer seien bewaffnet und fünfzigfach in der Überzahl gewesen, und nein, er habe niemanden erkennen können, denn die Männer hätten Tücher vor den Gesichtern gehabt.“ (S.38)

Aber dieser Lynchmord in der Goldgräberstadt Skidoo ist nicht der Höhepunkt der Geschichte. Simpson wird 2-mal gehängt, seiner Leiche wird der Kopf abgetrennt, und reumütig suchen die Einwohner Skidoos  per Annonce in der New York Times Simpsons Witwe, um ihr sein Erbe von 25.000 Dollar auszuzahlen.



Indianer, die sich nach chinesischen Bestattungen über die Totengaben hermachen; Erfinder, die mitten in der Wüste erfrieren; ein spanischer Conquistador im 16. Jahrhundert, der von klugen Indianern in die falsche Richtung geschickt wird; Gräber, die mit Dynamit in die eisige Erde gesprengt werden; ein Kamelpfad im Wilden Westen … laut Verlag ist jede Geschichte historisch verbürgt.

Die Geschichten, die Alexander Capus über die amerikanischen Geisterstädte des Wilden Westens erzählt, sind skurril, witzig und sehr unterhaltsam. Die reichhaltige Bebilderung und die schöne Aufmachung des kleinen Büchleins sind dem Verlag durchweg gelungen. Fazit: Empfehlenswert!

Hier geht es zur Buchbesprechung "Fast ein bisschen Frühling" von Alex Capus

Capus, Alexander
Skidoo
Meine Reise durch die Geisterstädte des Wilden Westens
Hanser Verlag 2012
Fester Einband, 80 Seiten
Mit zahlreichen Abbildungen
12.00 €










Donnerstag, 20. Dezember 2012

eBook-Reader als Weihnachtsgeschenk ... aber welcher?

Haben Sie den TV-Spot von Thalia zum Booken HD FrontLight gesehen? Wirklich gelungen. Aber was ist mit den eBook-Readern von Sony, Kobo, Trekstor und Amazon? Welcher eBook-Reader ist denn nun der für meine Bedürfnisse am passendsten?

ChipOnline hat die aktuellen Top-Modelle getestet und den Amazon Kindle Paperwhite zum Testsieger erklärt. Auch der Nachrichtensender n-tv hat einen Test durchgeführt und empfiehlt folgende beiden Modelle: Kindle Paperwhite und Kobo Glo.

Im Test von COMPUTER BILD liegt der Kobo Glo allerdings vorn. Mit der Ausnahme der Kindle eBooks  kann er alle Dateiformate lesen.

Vielleicht helfen Ihnen die drei aktuellen Testberichte bei der Entscheidungsfindung weiter und Sie finden noch das passende Weihnachtsgeschenk.

Ich persönlich bevorzuge übrigens die Tablet-Lösung, weil ich über die verschiedenen Apps alle Datei-Formate lesen und zusätzlich über die Onleihe-App zu jeder Zeit und an jedem Ort der Welt in meiner digitalen Stadtbücherei vorbeischauen kann. Ein Gerät für alles, das halte ich dann doch für äußerst praktisch. Mein Favorit und treuer Begleiter ist schon seit Jahren das 7 Zoll Samsung Galaxy Tab, das sogar als Telefon nutzbar ist ...

Freitag, 14. Dezember 2012

Drop City von T.C. Boyle: Das Scheitern einer Utopie.

Lange Haare, freie Liebe, Dope, Kalifornien, Nirvana, Easy Rider … schon auf den ersten Seiten zählt  T.C.Boyle alles auf, was von der Hippieära den meisten im Gedächtnis geblieben ist. Aber jenseits dieser Klischees wird es dann schnell lebendig und interessant.



Star, eigentlich Paulette Regina Starr, führte, bevor sie nach Drop City kam, eine bürgerliche Existenz als Lehrerin. Eines Tages brennt sie mit ihrem Schulfreund Ronnie Sommers, der sich Pan nennt und heroinabhängig ist, nach Kalifornien durch. In Drop City findet Star „ein Leben in Frieden und Gelassenheit, … keine Verstellung, keine Spielchen, keine Plastikbegierde auf der Jagd nach dem Dollar.“ (S.21)

Allerdings lässt sie sich von Pan, den sie nicht liebt, manipulieren und zu sexuellen Handlungen zwingen, die sie eigentlich nicht will. Pan ist ein zorniger, aufbrausender junger Mann, der nicht eher ruht, als bis er seinen Willen durchgesetzt hat. Es genügt, dass er ihr Spießertum vorwirft, schon gibt Star ihm nach. Bald erscheint jedoch Marco auf der Bildfläche, der wegen eines geringfügigen Deliktes auf der Flucht ist. In ihn verliebt sich Star.

Norm ist der Gründer und Übervater von Drop City. Er hat die Kommune auf dem Farmgelände seiner bei einem Unfall umgekommenen Eltern gegründet und heißt jeden in Drop City willkommen. D.h. bald hat Drop City mehr Einwohner als es verträgt. Zudem, das Paradies ist diese Hippiekommune nicht. Immer wieder finden sich Menschen ein, die parasitär von der Arbeit der anderen Leben.

Die Kommune hat ein ganz gewöhnliches, aber dennoch großes Problem: zu wenige Sickergruben für viel zu viele Bewohner. Und kaum einer der Bewohner ist bereit, beim Latrinenbau zu helfen. Es gibt auch brutalste Gewalt in Drop City: Eines Tages wird ein minderjähriges Mädchen gleich von mehreren Männern vergewaltigt. Als Pan Einhalt gebieten will, blickt er in Augen, „in denen nicht der kleinste brüderliche oder auch nur menschliche Funke“ liegt. (S.44) Es gelingt nicht, die Vergewaltiger zur Rechenschaft zu ziehen. Dann sterben beinahe zwei Kinder, weil man ihnen LSD-versetzten Orangensaft gibt. Absolute Freiheit geht einher mit Verantwortungslosigkeit und der Unfähigkeit, Kriminelle zur Rechenschaft zu ziehen. Auch Ausbeutung findet in der Kommune statt. Insbesondere die Frauen, „Bräute“ genannt von den Männern, die sich selbst als „Freaks“ bezeichnen, werden sowohl sexuell als auch hinsichtlich des Arbeitseinsatzes für die Gemeinschaft ausgebeutet. Boyle zeichnet zwar ein liebevolles, aber auch realistisches, wenig sympathisches Bild dieser Lebensweise.

Um was geht es der Kommune und ihren Bewohnern? Es geht um den Ausstieg aus dem Mainstream-Leben der Plastikgesellschaft und die Ablehnung des Krieges. Die Ideologie des konventionellen Amerikas wird folgendermaßen auf den Punkt gebracht: „Kaufen, kaufen, kaufen, töten, töten, töten, essen, essen, essen.“ (S.58)

Als die Behörden nach zahlreichen Warnungen und Mahnungen beschließen, die (hygienischen) Missstände zu beenden und die Kommune räumen, beschließt Norm, Nord Drop City zu gründen. Und zwar in Alaska, denn dort kann er die Blockhütte seines Onkels übernehmen: „Keine Vorschriften […], keine Bauverordnungen, keine Steuer, keine Behördenschnüffler, keine Erlässe.“ (S.222) Die meisten kann er überzeugen, und los geht es nach Alaska in einem ausrangierten Schulbus.

Zur gleichen Zeit (und unweit der Hütte von Norms Onkel) lebt Sess Harder als Trapper in der Wildnis Alaskas in einem Blockhaus. Seine erste Frau war dem harten Einsiedlerleben nicht gewachsen und hat ihn verlassen. Über eine Kontaktanzeige lernt er die attraktive Pamela, 27 Jahre alt, kennen, in die er sich unsterblich verliebt. Pamela will weg von ihrem langweiligen 8-Stunden-Job und zurück zur Natur, und zwar für immer. Auch Sess hat eine eindeutige Motivation für sein Leben in der Natur: „Die Gesellschaft geht total vor die Hunde, ständig Morde, Drogen unter Schulkindern, Hippies.“ (S.117)

Dem Trapper und den Hippies geht es um dasselbe Ideal: Leben in und von der Natur, weit weg vom seelenlosen Mainstream. So sagt Pamela im Gespräch mit Starr, mit der sie sich anfreundet: „Weißt Du, was zurück zur Natur für mich heißt? Genau das hier: von einem Tag zum anderen leben, hart arbeiten und sich das holen, was das Land einem zu geben hat, aber das hat doch nichts zu tun mit bunt angemalten Gesichtern oder LSD oder Schlaghosen.“ (S.396) Dasselbe Ziel, aber die Umsetzungsentwürfe von diesem naturnahen Leben können unterschiedlicher nicht sein. Es ist ein ähnlicher Dualismus, wie ihn Boyle Jahre später in „Wenn das Schlachten vorbei ist“ beschreibt. Dort geht es um Tierschützer gegen Umweltschützer.

Trotz Sess´ und Pamelas Ablehnung der Hippie-Kultur unterstützt Sess die Kommune, zumal ihn mit Norms Onkel eine tiefe Freundschaft verband. Pan entwickelt sich derweil zum Trapper-Hippie, der die Nähe von Sess sucht, um von ihm zu lernen. Er wird zum Haupternährer der Kommune. Aber auch hier gibt es eine parallele Entwicklung, wie im Beziehungsgeflecht Star, Pan und Marco: Bald übernimmt Marco, der ja bereits Pans Platz bei Star eingenommen hat, auch Pans Rolle bei Sess. Marco und Sess fahren mit dem Hundeschlitten die Fallenstrecke ab, Marco lernt alles über das Überleben in der Wildnis.

Die Kommune muss hart arbeiten, um Drop City Nord auf den kommenden Winter vorzubereiten: Blockhäuser bauen, Holz- und Nahrungsmittelvorräte anlegen. Langsam zerfällt die Gemeinschaft unter dieser stetigen Anspannung.

Ein Teil der Hippies ist im benachbarten, aber immerhin drei Kanustunden entfernten Ort Boynton geblieben und wohnt im Schulbus. Bald gibt es Auseinandersetzungen mit den Nachbarn. Selbst der Gründer von Drop City verlässt die Gemeinschaft und kehrt zurück nach Kalifornien. Pan und zwei weitere Männer ziehen, nachdem es in Kommune zum Streit gekommen ist, zu einem Trapper namens Joe Bosky, dem Erzfeind von Sess. Die eskalierende Gewalt zwischen Sess und Joe ist ein weiterer Handlungsstrang des Romans. 

Pan hat sich für die böse Seite entscheiden. Sein (neuer) Freund Joe hat das Trapperleben schon lange aufgegeben. Er ist hinter dem schnellen Geld her, indem er vom Flugzeug aus gnadenlos Wölfe abschießt und Alkohol an die Urbevölkerung, die Eskimos, verkauft. Eindrucksvoll schildert Boyle, was aus den einst stolzen Inuit geworden ist: elende Säufer in heruntergekommenen Behausungen, die von Sozialleistungen leben.

Mit zunehmender Kälte kühlt auch das Gemeinschaftsgefühl in der Kommune immer weiter ab. Am Schluss ritzen alle ihre Initialen in die Teller. Das ist das Ende des Gemeinschaftseigentums und sinnbildlich das Ende der Kommune. Habgier, Misstrauen und Streitereien um Nichtigkeiten treten an die Stelle der Gemeinschaft von Schwestern und Brüdern.

Ein sehr gekonnter, nie langweiliger oder gar zu ausschweifender Erzählstil kennzeichnen die 583 Seiten. Boyle wechselt häufig die Perspektiven und erzählt ein- und dieselbe Begebenheit gerne aus mehr als einem Blickwinkel. Star, Marco, Ronnie, Sess und Pamela sind lebendige Figuren.

Mit einem humorvollen Augenzwinkern und offensichtlicher Sympathie erzählt Boyle die Geschichte des Scheiterns einer Utopie. Er schreckt aber auch nicht zurück, harte Wahrheiten darzustellen. Die ganze Heuchelei, insbesondere hinsichtlich der Unterdrückung der Frauen, und auch die offene und latente Gewaltbereitschaft werden beschrieben.

Das „Zurück zur Natur“ ist für T.C. Boyle ein positives Grundprinzip, nur der Weg dorthin kann eine Gemeinschaft mit inneren Widersprüchen nicht bewältigen. Kurzum: Drop City ist ein unterhaltender und nie langweiliges Ausflug in die 70er Jahre. Sehr empfehlenswert!

Weitere Rezension zu T.C.Boyle: Wenn das Schlachten vorbei ist und Dr.Sex

Boyle, T. C.
Drop City
583 Seiten
dtv 2009
ISBN 978-3-423-21113-0
EURO 9,95

Freitag, 7. Dezember 2012

Rezension / Buchbesprechung: Der Zauberberg von Thomas Mann

Um es gleich vorweg zu sagen: Der Zauberberg von Thomas Mann ist eines der wenigen Bücher, die ich mehrfach gelesen habe. Warum ? Es ist die vielschichtige Figurenwelt des Romans, die Beschreibung der bürgerlichen Gesellschaft am Vorabend der Weltkriegskatastrophe 1914/18 und die faszinierende Sprache Thomas Manns, die diesen großartigen Roman so lesenswert machen.



Der Inhalt ist sehr umfangreich und in seiner Vielfalt nur schwer zusammenzufassen. Der  Haupthandlungsstrang dreht sich um den 23jährigen Hans Castorp, der seinen Vetter Joachim Ziemßen in einem Luxussanatorium bei Davos besuchen will. Das Lungensanatorium wird von Hofrat Dr. Behrens geleitet. Als Castorp sich in der dritten Woche seines Aufenthalts erkältet, lässt er sich von Hofrat Behrens untersuchen. Der Arzt diagnostiziert ein Lungenleiden und rät ihm, im Sanatorium zu bleiben. Gerne geht Castorp, der immer mehr Gefallen an der dekadenten Welt des Sanatoriums findet, auf das Angebot ein.

Sein Vetter macht ihn mit Lodovico Settembrini bekannt, einem nicht sehr wohlhabenden italienischen Patienten. Settembrini verkörpert die Ideen der Aufklärung und der Demokratie. Er führt ausführliche Gespräche über philosophische und politische Fragen mit Castorp. Als Settembrini aus finanziellen Gründen ins nahe gelegene Davos umzieht, wird er Nachbar seines intellektuellen Antagonisten. Der asketische Jesuit Naphta strebt einen totalitären Gottesstaat an und lehnt das Prinzip der Freiheit ab. Zwischen den beiden Mentoren kommt es immer wieder zu heftigen Auseinandersetzung. Castorp lässt sich immer mehr von der Rhetorik des Jesuiten einfangen.

Die Streitereien zwischen Naptha und Settembrini eskalieren, sie wollen ein Pistolenduell austragen. Als Settembrini in die Luft schießt, verlangt Naphta, dass Settembrini noch einmal auf ihn schießt. Als dieser sich weigert, erschießt sich Naphta selbst.

Und dann ist da noch eine russische Schönheit, Clawdia Chauchat, in die sich Castorp verliebt. Sie erinnert ihn an seinen Mitschüler Pribislav Hippe, zu dem er sich als Pubertierender hingezogen fühlte. An Fasching gesteht Castorp ihr seine Liebe. Sie verbringen eine Nacht miteinander. Clawdia Chauchat verlässt zeitweise das Sanatorium, kehrt aber in Begleitung eines holländischen Kaffeeplantagenbesitzers zurück. Mynheer Peeperkorn fühlt sich am wohlsten in großen Gesellschaften und feiert und trinkt gerne. Nach dem Selbstmord Mynheer Peeperkorns verlässt Clawdia Chauchat das Sanatorium für immer.

Am Ende beginnt der Erste Weltkrieg und die internationale Gesellschaft auf dem Berghof löst sich auf. Castorp wird Soldat.

Der Zauberberg entstand von 1913 bis 1924 und erschien 1924. Im Jahre 1912 verbrachte Katja Mann mehrere Monate in einem Davoser Lungensanatorium.

In der entrückten Welt des Zauberbergs begegnet Hans Castorp - verkörpert in den Nebenfiguren - allen wesentlichen politischen und philosophischen Strömungen des ausgehenden bürgerlichen Zeitalters. Widersprüchliche Auffassungen und Prinzipien werden ausführlich diskutiert. Der Roman nutzt auch zahlreiche mythologische Motive und ist voller Anspielungen auf prominente Zeitgenossen. Tod, Erotik, Sinnsuche – die großen Themen der Menschheit bestimmen die Handlung.

Die Lektüre ist nicht einfach, aber sie lohnt sich.

Mann, Thomas
Der Zauberberg
Fischer Taschenbuch Verlag; Auflage: 19, 2008
1008 Seiten
ISBN-10: 3596294339
ISBN-13: 978-3596294336
EURO 12,95

Weiterführende Informationen: Ein sehr ausführlicher und gut geschriebener wikipedia-Artikel erläutert detailliert die Interpretationsansätze und die Rezeptionsgeschichte des Romans. Eine sehr ausführliche Beschreibung und Einordnung der einzelnen Figuren findet sich im literaturlexikon.de 
















Sonntag, 2. Dezember 2012

GASTBEITRAG von Carsten Behrendt: Er ist wieder da – Timur Vermes

„Ach, wie lustig und so Messed Ekting“

„Was sind eigentlich Lachs Alven?“, wurde ich von Kurzem von meiner Tochter, während sie ihre Hausaufgaben machte, gefragt. Lachsalven waren gemeint, das ist, wenn man ganz plötzlich ganz viel Lachen muss, weil man z. B. ein lustiges Buch liest. Also nicht gerade „Er ist wieder da“, weil da musste ich erst bis Seite 70 lesen, bis das erste Mal die Lachmuskeln aktiviert wurden. Dann gab es eine lange Pause bis Seite 387, und zehn Seiten später war das Buch mit dem vorletzten Satz „Es war nicht alles schlecht“ dann zum Glück auch zu Ende. Und es war doch schlecht. Lustige und humorvolle Bücher gehen anders. Oder ich habe das Buch einfach nicht verstanden, was natürlich auch sein kann und vermutlich die einfachste Erklärung ist.

Durch irgendwelche Irrwege oder physischen Experimente oder sonst so einen Zufall, den das Universum so manchmal zulässt, taucht der echte Adolf Hitler im Berlin des Jahres 2011 wieder auf. Ganz plötzlich und ohne Vorwarnung. Und was würde ein Hitler heute so machen oder was würden wir mit einem Hitler heute anstellen. Richtig, ins Fernsehen bringen und als Comedian arbeiten lassen. Da kann er seine Reden halten, und alle finden das witzig. Denn so einen Mist, den er von sich gibt, kann man nur als Realsatire verstehen und nicht ernst nehmen. Das Traurige ist, er meint es ernst, und da die ganze Geschichte aus der Ich-Perspektiv von Hitler erzählt wird, bekommt der Leser ungefiltert die „lustigen“ Gedankengänge auch gleich serviert.

Übrigens, das Thema Juden ist nicht lustig, was natürlich die Produzenten etc. ihrer Neuentdeckung immer wieder mit auf den Weg geben. Erschreckend wird dies deutlich, als Hitler seiner Assistentin, die die ganze Zeit in einem ach so lustigen Berliner Dialekt spricht, davon abhält zu kündigen. Seine Assistentin hatte erst vor Kurzem von ihrer Großmutter erfahren, dass Hitler den Großteil ihrer Familie vergast hat, da diese Juden waren. Warum sie diesen familiären Hintergrund erst jetzt erfährt, bleibt unklar. Aus Respekt vor den Gefühlen ihrer Großmutter will sie aber nicht mehr für die „Kunstfigur“ Hitler arbeiten. Redegewandt kann Hitler sie aber überzeugen, doch weiter für ihn zu arbeiten. Schließlich verkuppelt er sie auch noch mit einem weiteren Mitarbeiter. Aber gut, dass dadurch wenigstens ein Teil ihrer Familiengeschichte aufgearbeitet wird.

Was wirklich Bedeutendes passiert in diesem Buch nicht, und nach über 390 Seiten ist es dann auch einfach so zu Ende. Die Frage, die sich stellt, ist, wie man auf so eine Buchidee eigentlich kommt. O.k. das Thema Hitler ist schon seit Langem ein immer wieder gern genommenes Thema für eine Comedy. Wer sich diesem Thema annimmt, muss aber sorgfältig damit umgehen. Ich persönlich glaube, das Universum wollte uns testen, wie verantwortungsvoll man mit so einer Idee umgeht und nachdem jetzt dieses Buch erschienen ist, hat sich das Universum entschieden, doch den Gesetzen des Maya-Kalenders zu folgen und die Welt am 21. (oder war es der 22.) Dezember zu vernichten. Und man darf dem Universum auch gar nicht Böse sein, das Urteil ist durchaus gerechtfertig. Danke Timur, muss ich wenigstens keine Weihnachtsgeschenke kaufen.

So wenig wie die Welt am 21. oder 22. Dezember untergeht, so wenig lustig ist das Buch. Es wird so tief in die Klischeekiste gegriffen und jeder noch so vorhersehbare Witz gebracht. Wie würde eine Person reagieren, die ca. sechzig Jahre nicht auf der Welt war und plötzlich wieder auftaucht. Was würde diese Person von unserer Zeit denken, wenn diese einen Nachmittag Privatfernsehen angeschaut hat. Da fallen einem vermutlich so einige Witze ein und genau diese wurde von Timur Vermes alle sorgfältig gesammelt und aufgeschrieben. Bei so manchem Kommentar der Figur Hitler bleibt einem das Lachen im Halse stecken, was durchaus ein Merkmal guter Satire ist. Das Ganze ist eine Gratwanderung und ist dann tatsächlich nach hinten losgegangen. Vielleicht will ich mich auch einfach nicht auf dieses Humor-Niveau einlassen. 

Deshalb lautet für mich das Fazit, dass ich diesen Humor nicht teilen will und deshalb in den Garten gehe um das Buch zu verbrennen. Ne, lieber doch nicht, das macht man in Deutschland nicht. Dann doch bei Rebuy verkaufen und weg damit. Da bekommt man noch richtig Geld dafür.

Das schlechteste Buch, das ich seit Langem gelesen habe.

Carsten Behrendt, Mülheim an der Ruhr, im Dezember 2012

Vermes, Timur
Er ist wieder da
400 Seiten
Eichborn Verlag 2012
ISBN-10: 3847905171
ISBN-13: 978-3847905172
EUR 19,33 [Der Preis soll wohl auch spaßig sein!? HF]

Schneewittchen reloaded - eine lesenswerte Kurzgeschichte.

Auf den ersten  Seiten entwirft die Jungautorin susymah ein stimmiges Bild von einer Gestalt, die nachts in einer düsteren Gegend auftaucht und im Keller eines Abbruchhauses verschwindet. Gut gemacht, auch sprachlich! Das erzeugt Spannung, der Leser will wissen, wie es weiter geht.


Im Mittelpunkt steht die 14-jährige Maggy, die eines Tages aus ihrem wohlhabenden Elternhaus verschwindet und sich einer Gruppe von Straßenkindern anschließt. Sie ist bereits in psychologischer Betreuung, da sie glaubt, dass ihre Mutter von der Frau umgebracht wurde, die sich nun für ihre Mutter ausgibt. Der behandelnde Psychologe, er ist auch der Ich-Erzähler der Geschichte, glaubt, dass es sich um einen klassischen Ödipus-Komplex handelt.

Nach wenigen Tagen findet die Polizei Maggy, die unter Drogen gesetzt wurde, und sich panisch dagegen wehrt, nach Hause gebracht zu werden. Doch ihre Mutter holt sie ab, und der Psychologe verfällt deren Ausstrahlung und lässt sie gewähren ...

Da sich die Parallele zum "klassischen" Schneewittchen manchmal nicht von selbst ergibt, wird ein expliziter Hinweis eingeflochten, wie z.B. der Vergleich zwischen den sieben Straßenkindern und den sieben Zwergen. Das stört etwas. Die Geschichte ist jedoch phantasievoll konstruiert und sprachlich gekonnt (im Krimi-Duktus) umgesetzt.

Am Schluss überschlagen sich die Ereignisse. Die Autorin legt ein sehr rasantes Tempo vor und bleibt dem Leser eine eindeutige Erklärung für das Basiskonstrukt  schuldig. Allerdings gibt es gut gemachte Hinweise, die den Leser in die Lage versetzen, sich selbst die Antworten zu geben.  Die Lektüre der 27 Seiten lohnt sich.

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