Früher war es für die Autoren und die Verlage ein Geheimnis, was der Käufer mit seinem Buch nach dem Kauf anstellte: Lesen, weglegen und vergessen, Kapitel überspringen? Das hat sich laut THE WALL STREET JOURNAL heute grundlegend gewandelt: Amazon, Apple und Google, die Hauptakteure im eBook-Geschäft, können durch die Rückmeldungen der Apps auf den Lesegeräten nun nachvollziehen, wie weit der Leser bei der Lektüre kommt, wie viel Zeit er mit Lesen verbringt und welche Suchbegriffe er verwendet, wenn er neuen Lesestoff sucht.
Ein Beispiel: Barnes & Noble habe – so THE WALL STREET – durch die Auswertung der Nook-Daten festgestellt, dass belletristische Titel schneller gelesen würden als Sachbücher, die zudem oft nicht bis zum Ende gelesen würden. Die Schlussfolgerung: Sachbücher sollen kürzer werden. Die Reihe Nook Snaps wurde kreiert.
M.E. keine großartig neue Erkenntnis, aber in diesem Fall wurden wohl allzu rasch Entscheidungen zum Nachteil des ausdauernden Sachbuchlesers getroffen. Sachbuch-Quiquies, da sich die Masse der Leser nicht länger als 30 Minuten auf ein Thema konzentrieren kann? Wäre es da nicht besser gewesen, die Frage nach einer sinnvollen Strukturierung von Fachliteratur zu stellen oder sich mit dem Schreibstil des jeweiligen Autors auseinanderzusetzen? Auf welche Sachbücher bezieht sich dieses Ergebnis, auf alle politischen Sachbücher, auf medizinische Sachbücher oder nur auf Sarrazins EURO-Buch? Es gibt mehr Menschen, die einem 3-Minuten-Clip auf VIVA folgen, als Menschen, die in die Oper gehen. Da es sich in beiden Fällen um Musik handelt, hier die logische Schlussfolgerung: Wenn Oper, dann doch auf 3 Minuten kürzen, damit sich das "Stück" auch über alle Absatzkanäle vermarkten lässt.
Auch amazon sammelt Informationen über die Kindle-Nutzung. So können Anmerkungen, Lesezeichen, Notizen und Markierungen, die der Leser vornimmt, gespeichert werden. Das steht auch ausdrücklich so in der Lizenzvereinbarung und den Nutzungsbedingungen von Kindle.
Nutzungsanalyse via eBook-Lesegeräte bzw. Apps, um marktkonforme Bücher zu produzieren, und vor allem der Schulterblick beim privaten Lesen – das sind Dinge, bei denen einem nicht ganz wohl ist. Da müssen sich auch die Datenschützer und die Politik Gedanken machen. Wie gläsern darf der Leser denn bitteschön sein? Wo sind die rechtlichen Grenzen?
Banal, aber erwähnenswert: Ob eBook oder gedrucktes Buch, es geht den Verlagen, auch den Literatur-Verlagen, ums Geschäft. Gibt es die Möglichkeit, den Konsumenten zu analysieren, dann bleibt am Ende, wenn die Buchhalter entscheiden, nur der Mainstream. Diese Gefahr ist nicht zu unterschätzen! Aber das Phänomen der Vampyrromane, um ein Beispiel zu nennen, gibt es nicht, weil man durch eine eBook-Nutzungsanalyse darauf gekommen wäre, sondern weil die gedruckten Bücher gekauft wurden. Autoren und Verlage bedienten und bedienen noch immer eine Nachfrage, die von den Lesern kam, oder? Man muss auch kein großer Prophet sein, um vorauszusagen, dass viele Autoren und Verlage nach dem wirklich zufälligen, nicht aufgrund von Konsumentenforschung zustande gekommenen Erfolg von "Fifty Shades of Grey" hier Profit wittern und bereits dabei sind, den Marktgang ähnlicher Werke vorzubereiten.
Trotz aller Bedenken hinsichtlich der Aufzeichnung und der Auswertung des Nutzungsverhaltens von Kindle-Kunden sollte man auch zugestehen, dass gerade amazon zahlreichen Autoren, die in der konventionellen Verlagswelt niemals veröffentlicht worden wären, über Kindle Direct Publishing eine Chance bietet. Ist diese Zweigleisigkeit die Lösung, um ein Gleichgewicht zwischen freier Kreativität und marktanalytischer Literaturproduktion zu erreichen? Vielleicht.
Und noch eines zum Schluss: Die Erforschung des Konsumentenverhaltens ist in allen Branchen und über alle Absatzkanäle hinweg üblich. Wer einen Internet-shop besucht, der wird genau analysiert. Wie lange bleibt er, was schaut er sich an, wo steigt er aus? Das gibt es auch physisch, nicht nur virtuell. In einigen Supermärkten wird der Kunde von Mitarbeitern "verfolgt". Diese Profiler fertigen genaue Aufzeichnungen über sein Verhalten an, um die Ware künftig verkaufsoptimiert zu platzieren. Beim Fernsehen werden Einschaltquoten ermittelt – die erschreckenden Folgen kann man sich jeden Tag anschauen. Wo wir als Konsument in Erscheinung treten, da ist auch einer, der unser Konsumverhalten analysieren will, um zukünftige Verkaufserfolge planen zu können.
Auch amazon sammelt Informationen über die Kindle-Nutzung. So können Anmerkungen, Lesezeichen, Notizen und Markierungen, die der Leser vornimmt, gespeichert werden. Das steht auch ausdrücklich so in der Lizenzvereinbarung und den Nutzungsbedingungen von Kindle.
Nutzungsanalyse via eBook-Lesegeräte bzw. Apps, um marktkonforme Bücher zu produzieren, und vor allem der Schulterblick beim privaten Lesen – das sind Dinge, bei denen einem nicht ganz wohl ist. Da müssen sich auch die Datenschützer und die Politik Gedanken machen. Wie gläsern darf der Leser denn bitteschön sein? Wo sind die rechtlichen Grenzen?
Banal, aber erwähnenswert: Ob eBook oder gedrucktes Buch, es geht den Verlagen, auch den Literatur-Verlagen, ums Geschäft. Gibt es die Möglichkeit, den Konsumenten zu analysieren, dann bleibt am Ende, wenn die Buchhalter entscheiden, nur der Mainstream. Diese Gefahr ist nicht zu unterschätzen! Aber das Phänomen der Vampyrromane, um ein Beispiel zu nennen, gibt es nicht, weil man durch eine eBook-Nutzungsanalyse darauf gekommen wäre, sondern weil die gedruckten Bücher gekauft wurden. Autoren und Verlage bedienten und bedienen noch immer eine Nachfrage, die von den Lesern kam, oder? Man muss auch kein großer Prophet sein, um vorauszusagen, dass viele Autoren und Verlage nach dem wirklich zufälligen, nicht aufgrund von Konsumentenforschung zustande gekommenen Erfolg von "Fifty Shades of Grey" hier Profit wittern und bereits dabei sind, den Marktgang ähnlicher Werke vorzubereiten.
Trotz aller Bedenken hinsichtlich der Aufzeichnung und der Auswertung des Nutzungsverhaltens von Kindle-Kunden sollte man auch zugestehen, dass gerade amazon zahlreichen Autoren, die in der konventionellen Verlagswelt niemals veröffentlicht worden wären, über Kindle Direct Publishing eine Chance bietet. Ist diese Zweigleisigkeit die Lösung, um ein Gleichgewicht zwischen freier Kreativität und marktanalytischer Literaturproduktion zu erreichen? Vielleicht.
Und noch eines zum Schluss: Die Erforschung des Konsumentenverhaltens ist in allen Branchen und über alle Absatzkanäle hinweg üblich. Wer einen Internet-shop besucht, der wird genau analysiert. Wie lange bleibt er, was schaut er sich an, wo steigt er aus? Das gibt es auch physisch, nicht nur virtuell. In einigen Supermärkten wird der Kunde von Mitarbeitern "verfolgt". Diese Profiler fertigen genaue Aufzeichnungen über sein Verhalten an, um die Ware künftig verkaufsoptimiert zu platzieren. Beim Fernsehen werden Einschaltquoten ermittelt – die erschreckenden Folgen kann man sich jeden Tag anschauen. Wo wir als Konsument in Erscheinung treten, da ist auch einer, der unser Konsumverhalten analysieren will, um zukünftige Verkaufserfolge planen zu können.
Damit will ich sagen: Die Verlagsbranche zieht nur nach. Damit will ich aber nicht sagen: Das ist gut so.
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