„Sand“ ist das neue Buch von Wolfgang Herrndorf, der 2011 mit „Tschick“ den Deutschen Jugendliteraturpreis gewonnen hat und das zu Recht. Sein neues Buch wurde auf der Leipziger Buchmesse ausgezeichnet und man könnte der Verdacht bekommen, dass Wolfgang Herrndorf gerade Preise einsammelt. Und womit? Mit Recht.
Die Handlung des Buches finde ich sehr schwer zu greifen und zu beschreiben. Der Klappentext verrät nicht viel, der Text auf der U4 noch viel weniger. Die Handlung muss mach sich selbst freischaufeln (das musste jetzt sein). Hier aber ein Versuch, die Handlung in einem Satz zu fassen. Ein Mann wacht irgendwo in der Wüste ohne Gedächtnis auf und weiß nicht, wie er heißt, was er an diesem Ort, an dem sich auch eine Leiche befindet, eigentlich macht, und ob er zu den Guten oder Bösen gehört, und versucht im Weiteren seine Identität mithilfe einer zufällig getroffenen Frau wieder zu finden.
Dieser Satz gibt grob ein wenig Teile der Handlung wieder. Mehr möchte ich dazu auch nicht sagen, denn hier greift das Gesetz, selber graben / lesen macht schlau. Und ich bin überzeugt, dass jeder eine andere Aussage finden wird, die Quintessenz des Buches zu beschreiben. Das liegt nicht daran, das Herrndorf verschachtelt schreibt, sonder an der Komplexität der Geschichte oder Geschichten. Denn das Buch liest sich gut, und die ersten 200 Seiten habe ich verschlungen. Bei dem Erzähl- und Schreibstil habe ich mich oft an Daniel Kehlmann erinnert gefühlt.
Nach den 200 Seiten verliert das Buch ein wenig an Fahrt. Es gibt zu viele Zufälle, die die Handlung bestimmen und weitertreiben. Herrndorf schreibt selbst an einer Stelle, dass es sich hierbei um einen Zufall handelt, der eigentlich nur in Romanen vorkommt. Aber, die größten Zufälle schreibt das Leben. Am Ende verliert sich das Buch in einen Agententhriller, Liebesroman, Drama, politischer Roman, nähere Zeitgeschichte … irgendwo dazwischen. Jeder darf sich das Passende aussuchen. Das Buch schafft es zu verwirren und regt zum Nachdenken an. Viele Geschichten, die zwischendurch kurz eingeflochten werden, werden nach und nach aufgelöst. Die Bedeutung der Szene im ersten Kapitel wird zum erst zum Schluss klar. Und hier greift auch wieder der Vergleich zu Daniel Kehlmann und seinem Buch „Ruhm“ Die vielen Kurzgeschichten oder besser Einschübe ergeben am Ende ein großes Ganzes. „Sand“ besteht aber nicht aus Kurzgeschichten, es handelt sich schon um eine stringent erzählte Geschichte, die immer mal wieder abbiegt aber zum Schluss zu einem abgeschlossenen Ende führt. Jeder Satz hat eine Bedeutung und das Überlesen kann für das Verständnis der Geschichte schwerwiegende Folgen haben.
Und das Ende ist, (Spoilerwarnung) sagen wir mal so, meilenweit von einem Happy End entfernt. Das Leben besteht nun mal nicht nur aus Sonnenschein, obwohl es davon in der Wüste genug gibt. (Spoiler Ende)
Trotz Längen am Ende und vielleicht ein bis zwei Zufälle zu viel, ist dieses Buch lesenswert und wenn es ein Buch wie der „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“ schafft, monatelang die Bestsellerlist anzuführen, sollte es dieses Buch eigentlich auch schaffen. In einer besseren Welt wäre das so.
Herrndorf, Wolfgang
Sand
Rowohlt, 5. Auflage 2011
480 Seiten
ISBN 387-134-734-5
€ 19,95
Carsten Behrendt, Mülheim an der Ruhr, im Juni 2012
Mich persönlich hat das Buch sehr positiv überrascht. "tschick" kannte ich nicht, und über den Inhalt von "Sand" wusste ich auch nicht viel. Und dann also dieser rasante, sprachlich tolle Thriller, der unendlich viele Fäden spinnt, verwirrt und wieder auflöst (meine Rezension hier: http://www.leselink.de/buecher/thriller-buecher/sand.html). Von mir gibt's eine absolute Leseempfehlung, da spannend von der ersten bis zur letzten Seite.
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