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Der Roman beginnt mit dem Ende: Bei einer Explosion stirbt Benjamin Sachs der beste Freund des Ich-Erzählers Peter Aaron. Retrospektiv berichtet Peter, wie es zu dieser Katastrophe kam. Es sind zwei Geschichten, die Peter erzählt: die seines Freundes und die eigene. Die Geschichte dieser intimen Freundschaft wir durch die Schilderung der Beziehungen zu verschiedenen Frauen erweitert und zugleich verknüpft. Was zunächst als Beziehungsroman bzw.Charakterstudie daherkommt – schon in dieser Form lesenswert – nimmt im letzten Drittel eine tragische Wendung.
Ben, der wegen der Verweigerung des Kriegsdienstes im Gefängnis war, lebt hauptsächlich vom Schreiben von Essays und Artikeln, die in Zeitungen und Zeitschriften unterschiedlichster Qualität erscheinen. Geldverdienst steht dabei nicht im Vordergrund seiner Tätigkeit. Bens Frau Fanny kennt Peter vom College, wo er sich in die Frau seines zukünftigen Freundes verliebt hatte ...
Nach der Trennung von seiner Frau Delia beginnt Peter eine kurze, aber heftige Affäre mit Bens Frau. Peter ist sehr verliebt und will eine feste Beziehung, Fanny will ihren Mann jedoch auf keinen Fall verlassen. Erstaunlicherweise für Peter toleriert Ben die Eskapaden seiner Frau, und ihre Freundschaft erleidet keinen Schaden. Anschließend beginnt der Ich-Erzähler eine Beziehung mit der fanatischen Künstlerin Maria Turner. Diese Beziehung ist eher sexueller Natur, so dass Peter, als er seine spätere Frau Iris kennenlernt, diese auch beendet
Paul Auster erzählt ausführlich wie Ben bei einer Party aus dem vierten Stock stürzt und durch Wäscheleinen gebremst den Sturz überlebt. Von nun an ist Ben ein anderer Mensch. Schon äußerlich gibt es Veränderungen: er rasiert sich den Bart und schneidet sich die Haare. Dann trennt er sich von seiner Frau, um ein neues Leben zu beginnen. Gekonnt schildert der Autor den Fenstersturz aus verschiedenen Perspektiven und beleuchtet die Gründe. Selbstmordversuch, Selbstbestrafung, Unfall, was war es genau? Diesen schriftstellerischen Kniff, Handlungen aus verschiedenen Perspektiven zu schildern, setzt Paul Auster mehrfach und gelungen ein. Für den Leser erschließen sich so Möglichkeiten, die Motivation der Handelnden und das Geschehen selbst detailliert für sich zu erschließen.
Ben verlässt New York und lebt von nun an in einer Hütte auf dem Land. In Vermont beginnt er mit seinem neuen Roman, Leviathan. Bei einem seiner ausgedehnten Spaziergänge verläuft er sich, so dass er im Wald die Nacht verbringen muss. Am Morgen nimmt ihn ein junger Mann mit einem Lieferwagen mit, schreckliche Ereignisse nehmen ihren Lauf. Am Schluss liegt der Junge von drei Schüssen getroffen tot auf der Straße, Ben erschlägt mit einem Baseballschläger den Mörder des Jungen. Statt die Polizei zu rufen, beseitigt er seine Spuren und flieht mit dem Wagen des Unbekannten.
Im Wagen findet Ben Material zum Bombenbau, eine große Menge Bargeld und den Pass des Toten. In New York sucht er Fanny auf, die er mit ihrem neuen Freund im Bett vorfindet. Fluchtartig verlässt er die Wohnung. Da er Peter nicht erreicht, sucht er Maria (die Ex-Freundin von Peter und fanatische Künstlerin) auf, die der Grund für seinen Fenstersturz war. Er erzählt Maria, was passiert ist, und zeigt ihr schließlich auch den Pass. Maria kennt den Toten, es ist Reed Dimaggio, der Mann ihrer besten Freundin Lillian Stern. Ben, von Gewissensbissen geplant, beschließt, Lillian zu unterstützen. Er sucht sie auf und gibt ihr das Geld ihres toten Mannes. Ben wohnt bei ihr und kümmert sich um Lillians Tochter Maria. Der Intellektuelle wird zum treusorgenden Ersatzvater einer ihm völlig fremden Fünfjährigen. Nach vier Wochen kommt es, wie es unter solchen Umständen fast schon kommen muss: Ben und Lilian verlieben sich, Maria, maßlos enttäuscht über diese Entwicklung, reagiert mit Eifersucht. Nachdem Lillian entnervt ihre Tochter schlägt, zerbricht die neue Beziehung.
Ben entschließt sich, das Werk des Toten, zu vollenden. In dessen Dissertation findet Ben Hinweise, dass dieser sich von einem russischen Anarcho-Terroristen hat inspirieren lassen. Also beginnt er, im ganzen Land Nachbildungen der Freiheitsstatue in die Luft zu sprengen.
Am Ende trifft der Ich-Erzähler noch ein letztes Mal seinen Freund. Dieser erzählt ihm die ganze Geschichte. Ben bricht nachts heimlich auf, ein paar Monate später ist er tot. In seinem Abschiedsbrief an Peter steht: „…bin ich endlich auf etwas gestoßen, woran ich glauben kann. Alles andere ist mir jetzt gleichgültig.“ (S.323) Ben war sein ganzes Leben lang ein Sinnsuchender, jetzt glaubt er, diesen Sinn seines Lebens gefunden zu haben. Die Ideale, für die sein Protagonist bombt, lässt der Autor aber ziemlich vage.
Das Buch ist kein Thriller, kein Krimi und keine Actiongeschichte, sondern eine handfeste Charakterstudie, die ergründet, warum Menschen so handeln wie sie handeln. Eine verwobene Geschichte, die zeigt, wie Zufälle (Schicksal?) entscheidend für den weiteren Weg sein können. Dass dabei auch eine spannende Geschichte von einem Verbrechen erzählt wird, wäre nicht notwendig gewesen, stört aber auch nicht. In einer gut lesbaren Sprache schildert Auster, interessante zwischenmenschliche Beziehungen und entwickelt facettenreiche Figuren, die echt und lebendig wirken.
Mein Fazit: 335 lesenswerte Seiten!
Auster, Paul
Leviathan
rororo 2012
335 Seiten
ISBN 3-499-25791-2
Das Buch ist kein Thriller, kein Krimi und keine Actiongeschichte, sondern eine handfeste Charakterstudie, die ergründet, warum Menschen so handeln wie sie handeln. Eine verwobene Geschichte, die zeigt, wie Zufälle (Schicksal?) entscheidend für den weiteren Weg sein können. Dass dabei auch eine spannende Geschichte von einem Verbrechen erzählt wird, wäre nicht notwendig gewesen, stört aber auch nicht. In einer gut lesbaren Sprache schildert Auster, interessante zwischenmenschliche Beziehungen und entwickelt facettenreiche Figuren, die echt und lebendig wirken.
Mein Fazit: 335 lesenswerte Seiten!
Auster, Paul
Leviathan
rororo 2012
335 Seiten
ISBN 3-499-25791-2