Freitag, 7. Dezember 2012

Rezension / Buchbesprechung: Der Zauberberg von Thomas Mann

Um es gleich vorweg zu sagen: Der Zauberberg von Thomas Mann ist eines der wenigen Bücher, die ich mehrfach gelesen habe. Warum ? Es ist die vielschichtige Figurenwelt des Romans, die Beschreibung der bürgerlichen Gesellschaft am Vorabend der Weltkriegskatastrophe 1914/18 und die faszinierende Sprache Thomas Manns, die diesen großartigen Roman so lesenswert machen.



Der Inhalt ist sehr umfangreich und in seiner Vielfalt nur schwer zusammenzufassen. Der  Haupthandlungsstrang dreht sich um den 23jährigen Hans Castorp, der seinen Vetter Joachim Ziemßen in einem Luxussanatorium bei Davos besuchen will. Das Lungensanatorium wird von Hofrat Dr. Behrens geleitet. Als Castorp sich in der dritten Woche seines Aufenthalts erkältet, lässt er sich von Hofrat Behrens untersuchen. Der Arzt diagnostiziert ein Lungenleiden und rät ihm, im Sanatorium zu bleiben. Gerne geht Castorp, der immer mehr Gefallen an der dekadenten Welt des Sanatoriums findet, auf das Angebot ein.

Sein Vetter macht ihn mit Lodovico Settembrini bekannt, einem nicht sehr wohlhabenden italienischen Patienten. Settembrini verkörpert die Ideen der Aufklärung und der Demokratie. Er führt ausführliche Gespräche über philosophische und politische Fragen mit Castorp. Als Settembrini aus finanziellen Gründen ins nahe gelegene Davos umzieht, wird er Nachbar seines intellektuellen Antagonisten. Der asketische Jesuit Naphta strebt einen totalitären Gottesstaat an und lehnt das Prinzip der Freiheit ab. Zwischen den beiden Mentoren kommt es immer wieder zu heftigen Auseinandersetzung. Castorp lässt sich immer mehr von der Rhetorik des Jesuiten einfangen.

Die Streitereien zwischen Naptha und Settembrini eskalieren, sie wollen ein Pistolenduell austragen. Als Settembrini in die Luft schießt, verlangt Naphta, dass Settembrini noch einmal auf ihn schießt. Als dieser sich weigert, erschießt sich Naphta selbst.

Und dann ist da noch eine russische Schönheit, Clawdia Chauchat, in die sich Castorp verliebt. Sie erinnert ihn an seinen Mitschüler Pribislav Hippe, zu dem er sich als Pubertierender hingezogen fühlte. An Fasching gesteht Castorp ihr seine Liebe. Sie verbringen eine Nacht miteinander. Clawdia Chauchat verlässt zeitweise das Sanatorium, kehrt aber in Begleitung eines holländischen Kaffeeplantagenbesitzers zurück. Mynheer Peeperkorn fühlt sich am wohlsten in großen Gesellschaften und feiert und trinkt gerne. Nach dem Selbstmord Mynheer Peeperkorns verlässt Clawdia Chauchat das Sanatorium für immer.

Am Ende beginnt der Erste Weltkrieg und die internationale Gesellschaft auf dem Berghof löst sich auf. Castorp wird Soldat.

Der Zauberberg entstand von 1913 bis 1924 und erschien 1924. Im Jahre 1912 verbrachte Katja Mann mehrere Monate in einem Davoser Lungensanatorium.

In der entrückten Welt des Zauberbergs begegnet Hans Castorp - verkörpert in den Nebenfiguren - allen wesentlichen politischen und philosophischen Strömungen des ausgehenden bürgerlichen Zeitalters. Widersprüchliche Auffassungen und Prinzipien werden ausführlich diskutiert. Der Roman nutzt auch zahlreiche mythologische Motive und ist voller Anspielungen auf prominente Zeitgenossen. Tod, Erotik, Sinnsuche – die großen Themen der Menschheit bestimmen die Handlung.

Die Lektüre ist nicht einfach, aber sie lohnt sich.

Mann, Thomas
Der Zauberberg
Fischer Taschenbuch Verlag; Auflage: 19, 2008
1008 Seiten
ISBN-10: 3596294339
ISBN-13: 978-3596294336
EURO 12,95

Weiterführende Informationen: Ein sehr ausführlicher und gut geschriebener wikipedia-Artikel erläutert detailliert die Interpretationsansätze und die Rezeptionsgeschichte des Romans. Eine sehr ausführliche Beschreibung und Einordnung der einzelnen Figuren findet sich im literaturlexikon.de 
















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